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zu biographischen Arbeiten beschränkt sind, vertiefte sich Francesco in das Studium der
slavischen Sprache und Literatur mit so liebevoller Hingebung, daß er eine Reihe von
Schriften abfaßte, die zum Theil uoch gegenwärtig ihren Werth haben. Rührend ist die
Begeisterung, welche ihn sür das ihm ueu erschlossene Feld wissenschaftlichen Forschens
erfüllt. Und hat ihn anch gerade diese Begeisterung — in Verbindung mit dem damaligen
Stande der Kenntnisse — oftmals aus Abwege verleitet, so bleibt die Thatsache, daß ein
Mann aus dem Nordwesteu Italiens gleichsam der Begründer der südslavischen Literatur-
geschichte ist, immerhin sehr bemerkenswerth. Nicht etwa im Haschen nach pointirten
Gegenüberstellungen wollen wir den Umstand hervorheben, daß wieder ein Zaratiner
unseres Jahrhunderts, Pier Alessandro Paravia, fast sein ganzes Leben lang an der
Turiner Universität wirkte nnd dort manchen Beitrag zur Geschichte Piemonts lieferte.
So entrichtet jedes der beiden dnrch das adriatische Meer getrennten Länder dem andern
willig den Zoll der Arbeit. An Italienern unseres Jahrhunderts, welchen Dalmatien für
erfolgreiche Ausübung des Lehramtes eine dankbare Erinnerung bewahrt, seien hier noch
genannt: B. Bicego aus Viceuza, P. Bottura ans Verona, A. Brombilla aus dem
Mailändischen. Und mit einiger Genugthuung gedenkt man endlich auch eines Schülers
aus Zante, welcher einige Zeit auf den Bänken des Seminars zu Spalato saß, denn der
junge Jtalo-Grieche war kein Geringerer als Ugo Foscolo.
Wenn wir nnn nach diesen allgemeinen Erörterungen zur Betrachtung der
literarischen Thätigkeit Dalmatiens schreiten, so bemerken wir, daß sie sich in dreifacher
sprachlicher Gestalt änßert. Vor Allem lateinisch. Lange Zeit hindurch stand im ganzen
westlichen Europa das Lateinische in so großem Ansehen, daß es selbst bei dichterischem
Schassen, oft mit bewundernswürdiger technischer Vollendung, angewandt wnrde. Bei
den Schöpfungen der Phantasie spielt nuu die Form eine so bedeutende Rolle, daß die
lateinische Dichtung der Italiener, Franzosen n. s. w. ihrer Nationalliteratur im strengen
Sinne des Wortes nicht zugezählt werden darf; da aber solche, wenn anch in fremder
Hülle auftretende und zum guten Theil auf Nachahmung beruhende Dichtungen doch
die Fühl- und Denkweise wenigstens einer Schichte des betreffenden Volkes in einen«
bestimmten Zeitraum charakterisiren, so bilden sie ein nicht unwichtiges Element in dessen
geistigem Leben. Für eine ausführliche Schilderung und Würdigung dieser, nur iu
höheren Gesellschaftskreisen sich bewegenden Literatur ist hier keiu Raum; es mag genügen,
ihre bedeutendsten Vertreter aufzuzählen. Am zahlreichsten sind sie selbstverständlich auf
der Neige des XV. und im XVI. Jahrhundert; wir treffen da zu Ragusa Elio Cerva
(1460 bis 1520), welcher nach der Sitte der Zeit als Mitglied der von Pomponins
Laetns gegründeten Akademie sich Aelins Lampridins Cervinns nannte uud zu Rom so
großes Ansehen genoß, daß er der Dichterkrönung würdig befunden wurde; dann neben
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Dalmatien, Volume 11
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Dalmatien
- Volume
- 11
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1892
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.54 x 21.83 cm
- Pages
- 370
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch