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Gebrauch der slavischen Sprache und der glagolitischen Schrift in der Kirche streng zu
verbieten. Doch Grgnr, der Bischof von Nona, legte für den slavischen Gottesdienst
Fürsprache ein. Volk und Priester schlössen sich fest an ihren Bischof an und die slavische
Liturgie blieb diesmal allen Verboten zum Trotz aufrecht. In den Jahren 1059 und 1064,
während der Regierung des kroatischen Königs Peter Kresimir des Großen, wurden in
Spalato wieder zwei Kirchenversammlungen abgehalten, wo man über den slavischen
Gottesdienst in Dalmatien neue Verfolgungen verhängte, allein auch diesmal ohne Erfolg.
Zu dieser Zeit muß die Glagolica in den zahlreichen Benedictinerklöstern, auf den Inseln
und auf dem Festlande Norddalmatiens, die meist Stiftungen kroatischer Könige waren,
die größte Pflege gefunden haben. Mit dem XII. Jahrhundert beginnt eine glücklichere Ära
für den Glagolitismns in Dalmatien, die bis zu Ende des XV. Jahrhunderts dauert. Im
Jahre 1177 langte der Papst Alexander III. auf seiner Reise nach Venedig auch in Zara
an und wurde von dem dortigen Volke mit einer glänzenden kirchlichen Feierlichkeit in
slavischer Sprache empfangen, woraus man folgern kann, daß er dem slavischen Gottesdienst
nicht abhold war. Officiell wurde jedoch die slavische Liturgie erst um die Mitte des
XIII. Jahrhunderts dnrch eine Bulle Papst Juuoceuz' IV. bestätigt. Und nun saud die
Glagolica in Dalmatien eine überaus starke Verbreitung. Glagolitische Parochien waren
in ganz Nord- uud Mitteldalmatieu bis zur Nareuta und auf den anliegenden Inseln zu
finden; zur vollsten Blüte gelangte aber die Glagolica nm Spalato und Zara und ans den
gegenüberliegenden Inseln.
Die Zahl der erhaltenen glagolitischen Handschriften aus dieser Zeit ist eine
sehr große. Sie sind nicht nur kirchlichen, sondern auch weltlichen Inhalts und dienen
als Beweis, daß vom XIII. bis zum XVI. Jahrhundert auch im größten Theile des
dalmatinischen Volkes die Glagolica und nebst ihr die slavische Sprache das einzige Mittel
schriftlichen Verkehrs und die einzige Form literarischen Lebens war. Was die Sprache
dieser Denkmäler anbelangt, so herrscht in der kirchlichen überwiegend die altslovenische
Sprache vor, die weltlichen aber sind in rein volksthümlicher Sprache (cakavischer Mundart)
verfaßt und daher für die Geschichte der serbischkroatischen Sprache sehr wichtig. Obwohl
der Gehalt der glagolitischen Literatur ein ziemlich dürftiger ist, so hat sie doch ihre
historische Bedeutung für Dalmatien als treue Verfechterin der Nationalität, Erzieherin des
nationalen Selbstgefühls und Hüterin des Volksbewußtseins und vermag einigermaßen
jene Lücke in der Literatur des dalmatinischen Volkes zu ersetzen und auszufüllen, die bis
zur zweiten Hälfte des XV. Jahrhunderts reicht, zu welcher Zeit sich in den dalmatinischen
Städten die Muse der Dichtung zuerst vernehmen ließ. Vom XVI. Jahrhundert an ist die
Glagolica in fortwährendem Verfall begriffen. Um die Mitte des XVIII. Jahrhunderts
fand sie noch eifrige Vertheidiger an dem berühmten Zaraer Erzbifchof, dem Perastiner
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Dalmatien, Volume 11
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Dalmatien
- Volume
- 11
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1892
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.54 x 21.83 cm
- Pages
- 370
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch