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Phantasie von großem Werthe ist. Doch das Meisterwerk Gnndnlies, ans dein sein Rnhm
vor Allem beruhte, ist sein „Osman", ein romantisches Epos, welches zugleich, da es den
schon damals vou der serbischkroatischen Volksmuse besungenen Kamps zwischen dem Krenz
und dem Halbmond zum Gegenstand hat, ein wahres Nationalepos ist. Zu seiner Zeit
waren es unter allen slavischen Stämmen die Polen allein, die der türkischen Übermacht
siegreich Widerstand leisteten, und der Dichter unterläßt daher keine Gelegenheit, die Helden-
thaten dieses Volkes im Kampfe gegen die mohammedanische Barbarei zu verherrlichen,
wobei er eine genaue Kenntniß der Geschichte und Geographie der slavischen Länder zeigt.
Das Gedicht ist im Stile des damaligen italienischen Epos gehalten, besonders hat Tasso
dem Dichter als Muster gedient. Doch wegen des besonderen Charakters, den ihm Gundulics
Dichtergenie einprägte, steht es keinem anderen der gebildeten Nationen an poetischem
Werthe nach.
Ein anderer talentvoller Dichter und ein Verwandter des Gnndulic ist Jnnins
Palmotiö (Palmota). Er schrieb anfangs lateinisch, doch warf er sich bald auf die Bahu
der vaterländischen Poesie und erlernte zu diesem Zwecke wie Gundnlie den herzegowiuisch-
bosuischeu Dialect. Außer lyrischen Gedichten und einem religiösen Epos „die Christiade"
verfaßte er eine Menge Dramen und zeigte sich in dieser Kunstgattung überhaupt als
großes Talent und erregte Staunen in der Fertigkeit Verse zu schreiben. Er brauchte
manchmal den Stoff zu einein Drama nur zu ersinnen und war sogleich im Stande das
ganze Stück aus dem Stegreif seinen Freunden zu dietiren. Den Stoff zu seinen Dramen
entlehnte er aber theils aus den Werken lateinischer und italienischer Autoren, indem er
nämlich einzelne Episoden aus Vergilius, Ovidius, Tasso und Ariosto dramatisirte, theils
aus der griechischen Mythologie, theils endlich aus der Nationalgeschichte. In diesen
Dramen soll freilich nicht das gesucht werdeu, was man heutzutage vou der Dramatik
fordert; sie sind im Geiste der damaligen Zeit geschrieben, die ihre eigenen Ansichten hatte
nnd an den Dichter ihre eigenen Anforderungen stellte. Doch gibt es unter denselben einige,
die man auch heute noch mit einigen kleinen Veränderungen auf der Bühne mit Erfolg
aufführen köuute, wie z. B. sein ,?avliinii-«, der auch zu seiner Zeit dem Publikum von
Ragnsa sehr gefiel.
Unter den übrigen Dichtern jener Zeit verdient von den Ragnsanern Ivan Bnnic
(B v n a senior) als einer der besten Lyriker nnd als ausgezeichneter Jdyllendichter Erwähnnng.
Außerhalb Ragusa lebten und wirkten die Schriftsteller: Georg Barakovic aus Zara,
Tomko Mrnjavic aus Sebenico, Petar Kanavelic aus Curzola, Andrija Vitaljie aus
Comisa auf der Insel Lissa und Andrija Zmajevic aus Perasto in den Bocche.
Das schreckliche Erdbeben vom 7. April 1667, welches die Stadt Ragnsa fast ganz
zerstörte und ihr altes Leben vernichtete, bildet auch den Wendepunkt der dalmatinisch-
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Dalmatien, Volume 11
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Dalmatien
- Volume
- 11
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1892
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.54 x 21.83 cm
- Pages
- 370
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch