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Die Literatur verliert ihren bisherigen loealen und provinziellen Charakter und wird
eine nationale. Sie soll nicht mehr als ein Luxus gewisser privilegirter Stände, wie einst
in Ragusa der Patrizier dienen, sondern auf alle Bedürfnisse des Menschen und des Volkes
Bedacht nehmen und daher ebenso Prosa wie Poesie Pflegen. Stoff nnd Form werden
nicht aus der Fremde herbeigeholt, sondern aus dem Volke selbst entlehnt.
Auch iu Talmatieu zeigt sich das Streben nach Ausbildung des gesunkenen National-
bewußtseins, nach Erforschung des Volkslebens und des Alterthums. Die literarische
Thätigkeit belebte sich hier in den Dreißiger- und Vierziger-Jahren mit der Gründling
belletristischer Zeitschriften. So gründete die erste Zeitschrift dieser Art schon 1836 zn Zara
Bozidar Petranovic aus Sebenico, ein ausgezeichneter Patriot und Schriftsteller, auf
dessen Bestrebungen im Jahre 1861 auch die ,!>lalica tZalmatinskn", ein literarischer
Verein nach dem Muster der „illyrischen" (später „kroatischen") Uatiea, zurückzuführen
ist. Jene Zeitschrift war das „Si-bsko-äolmatinski innAn^in", worin sich alle Thätigkeit
der dalmatinischen Schriftsteller griechisch-orientalischen Bekenntnisses concentrirte, uuter
denen der noch lebende und wirkende Dichter Jovan Snndecic wohl den ersten Platz
einnimmt. Eine andere sehr bedeutende Zeitschrift wurde im Jahre 1844 ebenfalls in Zara
unter dem Namen ckalmatinska" („Morgenröthe Dalmatiens") gegründet, deren
Herausgeber bis 1848 Anton Kuzmanic und August Kazuacic waren. Hier vereinigten
sich die Arbeiten aller dalmatinischen Schriftsteller jener Zeit. Ein Mitarbeiter derselben
war Graf Medo Pnkic (Pozza) aus Ragusa, eine der thätigsten literarischen Persönlich-
keiten seiner Zeit. Anfangs schrieb er italienisch über slavische Dinge und übertrug ins
Italienische eiuige Werke von slavischen Autoren, dann aber widmete er sich der vater-
ländischen Poesie, auf welchem Felde er bald den größten Beifall erntete. Ein anderer
Mitarbeiter der „Aora" war Pasko Kazali, Verfasser mehrerer größerer Gedichte nud
geschickter Übersetzer. Zu Anfang seiner Thätigkeit gehörte Dalmatien auch der berühmte
kroatische Dichter Peter Preradovie an. Er wurde in der einstigen Militärgrenze geboren,
stndirte an der Militärakademie und trat dann in die Armee ein, wo er es bis znm Grade
eines Generals brachte. Anfangs dichtete er deutsch; als er aber mit seinem Regiment in
Dalmatien verweilte, erwachte in ihm die Liebe zu seiner Nationalität und er widmete
nunmehr sein Talent der serbischkroatischen Muse. In der ,Tora", die er selbst kurze Zeit
redigirte, ließ er seine Dichterstimme zum ersten Male erklingen in dem wunderschönen
Gedichte ,?ora pucn — die« äana" (Es dämmert auf — bald wird es tagen). In Zara
veröffentlichte er auch eine Sammlung von Gedichten, „k'rvenei" („Erstlinge"). Hier
wollen wir noch einer Frau, der Ana Vidoviö geborenen Vnsio, gedenken, der
bedeutendsten modernen Schriftstellerin Dalmatiens, welche sowohl serbischkroatisch als
italienisch schrieb.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Dalmatien, Volume 11
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Dalmatien
- Volume
- 11
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1892
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.54 x 21.83 cm
- Pages
- 370
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch