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Vegetation zu gleicher Zeit an den Oecident und den Orient, so daß man mit Recht
behaupten könnte, daß die Natnr diese Provinz zum Vorsaal des letzteren und zur End-
station des ersteren machen wollte. Die geographische Lage und die Beschaffenheit des
Bodens, der vorwiegend kalk- und thon-, nur an wenigen Stellen kieselhaltig ist, üben
einen großen Einfluß auf die Qualität der Lande sproducte, welche sich durch das den
Erzeugnissen des Orients eigenthümliche Aroma und durch die besondere Feinheit des
Geschmacks auszeichnen. Dies gilt vor Allem von den an der Küste wachsenden Weinen
welche alkoholhaltig, aromatisch nnd schön gefärbt sind, von der Steinweichsel, aus welcher
der duftige, uuter dem Namen „Maraschino" weithin berühmte Liqnenr bereitet wird,
von den außerordentlich süßen und wohlriechenden Feigen, von dem ungewöhnlich schmack-
haften Obst, von einigen fettreichen und trefflich schmeckenden Käsegattungen, von dem
Rosmarinextract, der jeden anderen übertrifft u. f. w. Diese Erzeugnisse jedoch werden
aus Mangel an den dazu erforderlichen Kenntnissen und noch mehr an Capitalien leider
noch nicht durch die Hilfsmittel der Kunst und der Industrie vervollkommnet. Sie dienen
vorwiegend nur als Rohmaterialien, aus denen die großen, zumeist auswärtigen Fabriken
bedeutenden Nutzen ziehen, indem sie dieselben nach dem Bedarf des Welthandels und der
Industrie verarbeiten.
Von den eingeborenen Bewohnern Dalmatiens sind sieben Achtel entweder selbst
Besitzer von Grund und Boden oder Bebaner von Ländereien, welche Anderen gehören.
Und zwar kann man in Bezug auf den Landbau Dalmatieu in zwei Hauptgebiete theilen,
von denen das eine die Küste und die Inseln umfaßt und den Weinstock, den Ölbanm, das
p^retkrum und Küchengewächse hervorbringt, das andere, im Innern gelegen, dem Anbau
von Getreide und der Viehzucht günstig ist und ausgedehntes Weideland umfaßt.
Die Jahrhunderte langen Kriege gegen die Türken und die Nothwendigkeit, den
häuslichen Herd wider dieselben zu vertheidigen, machten einst jeden dalmatinischen Acker-
bauer zu einem Krieger, der lieber den Handzar und die Armbrust als den Karst oder
den Pflug handhabte. Der Slave Dalmatiens, von der Natur mit Heldenmuth und Kühn-
heit begabt, befand sich bei diesen beständigen Kämpfen in seinem Elemente; indem er
gegen die Türken focht, kämpfte er nicht nur gegen diejenigen, welche unablässig seine
Felder, seine Hütten und seine Familie bedrohten, sondern auch wider seinen Glaubens-
feind, gegen den er mit dem grimmigsten Haß erfüllt war. Es war natürlich, daß der
Ackerbau unter diesen Verhältnissen nicht gedeihen konnte, wozu noch der Umstand trat,
daß ein Theil Dalmatiens im Anfang des XV. Jahrhunderts unter die Herrschaft der
Republik Venedig kam, die im eigenen Interesse jenen kriegslustigen Charakter der
Bevölkerung zu erhalten und zu steigern bemüht war. Aber auch daheim, als Landmann,
legte der Dalmatiner die kriegerischen Gewohnheiten nicht völlig ab, und so trug er, auch
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Dalmatien, Volume 11
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Dalmatien
- Volume
- 11
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1892
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.54 x 21.83 cm
- Pages
- 370
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch