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Entwicklung zweier Städte gegeben. Denn die Raitzenstadt, oder der Taban, ist nach
Alt-Ofen die älteste Ansiedlnng des rechten Ufers; sie wird (unter anderem Namen) etwa
zweihundert Jahre vor Erbauung der Ofner Burg erwähnt; und ebenso ist der älteste
Theil des linksseitigen Budapest derjenige, der dem Taban direet gegenüber liegt. Vor
Mitte des XIII. Jahrhunderts war nämlich der Haupttheil Pests die nördliche Hälfte der
heutigen inneren Stadt. Er erstreckte sich von der jetzigen Deakgasse bis zum Fischplatz
hinab. Der ersteren gegenüber endet der Ofner Festnngsberg, dem letzteren gegenüber
beginnt der Blocksberg. Wie an manchen anderen Stellen längs der Donan hatte die
Überfuhr auch hier gleichzeitig zwei einander gegenüberliegende Ortschaften, eine rechts-
nnd eine linksseitige hervorgerufen. Die Überfuhr mittels Schiffe machte es, besonders
zu Jahrmarkts- oder Kriegszeiten, wenn das Warten und Übernachten unvermeidlich
wurde, nothwendig, daß an beiden Ufern Stationen mit Wohnhäusern, Herbergen und
Händlern vorhanden seien, während es, wenn an der nämlichen Stelle eine Brücke stand,
völlig ausreichte, auf der einen oder anderen Seite alle diese Bequemlichkeiten zu fiudeu.
Da es keine Brücken, sondern mir Überfnhrverbindnngen gab, hat die ungarische Donau au
den wichtigsten Übersnhrpnnkten gewöhnlich zwei einander gegenüberliegende Ortschaften,
so bei Komorn O-Szöny, bei Gran Parkäny, bei Visegräd Nagy-Maros, bei Peterwardeiu
Neusatz u. s. w.
Bei Budapest führen bis zum X VI. Jahrhundert die beiden Ortschaften der beiden
Ufer, das heißt die Endpunkte des Übersnhrverkehrs, eine» und denselben Namen. Pest
hieß nicht nur das heutige Pest, sondern anch der auf der Ofuer Seite liegende Taban
(Raitzenstadt). Der Überfuhrverkehr hatte aber nicht nur diese Wirkung, sondern wir
sehen auch, daß die Station des einen Ufers sich immer stärker entwickelte als die des
anderen. Stets ist es nur das eine Ufer, an dem sich der wirkliche Hafen auch für den
großen Längsverkehr befindet. Bei Budapest hatte dies noch einen anderen Grund;
während nämlich am Ofnex Ufer, gerade bei dem Taban, die Strömung des Wassers sich
vereinigt und das Strombett felsig ist, hat der Fluß im Gegentheil bei Pest einen lang-
samen Zug und ein sandiges Bett, was das Anlegen uud Stationmachen erleichterte. Doch
ist dies nicht etwa ein entscheidender Umstand. Die Hauptsache ist der Uberlandverkehr.
Die Landstraßen Ofens führen nach den Gebieten jenseits der Donau uud nach
Italien. Ju dieser Richtmig aber kounteu auch Grau und Komoru mit Ofeu coneurrireu.
Hingegen hatte der Uberlandverkehr Pests in der Richtung nach Nordost, Ost nnd Südost
keine Eoncnrrenz. Schon der Plan der Stadt zeigte daß ihre Hauptstraßen den großen
Verkehrsrichtungen des Landes entsprechend angelegt wurden. Die schönste alte Gasse der
iuuereu Stadt heißt Waitzuergasse, so genannt nach dem ehemaligen Waitznerthor der
inneren Stadt. Ihre Fortsetzung ist zwar durch die jetzige Leopvldstadt verbaut worden,
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (3), Volume 12
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (3)
- Volume
- 12
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1893
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.49 x 21.91 cm
- Pages
- 626
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch