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während sie oben mit einem doppelten Wappenschild geschmückt ist. Südlich von diesem
sehen wir die Langseite eines anderen hohen, mit steilem Dach gedeckten Gebäudes,
das auf der Basteimauer zu stehen scheint. Ferner sehen wir mehrere Thürme mit Helm-
dächern nnd Gebäude mit Giebelmauern, sowie einen sechseckigen, mit Thürmchen verzierten
Thurm; dann wieder ein Hans mit hohem Dach, dessen Giebelwand nach Süden gerichtet
ist. Hinter diesem erhebt sich ans dem südlichsten Punkte der Königsburg ein kühner Thurm,
dessen Helm ein vorspringender Söller umzieht. Mit Ausnahme der beideu am Nordende
stehenden Gebäude ist die ganze Burg vou dem auf den Basteien angelegten Säulengang
umzogen. Dieses Bild kauu nur als Beweis dienen, daß in der Königsburg mehrere
Gebäude standen und daß deren Wirkung durch zahlreiche höhere und niedrigere Thürme
und Erker gesteigert war. Über die künstlerischen Eigenschaften der königlichen Burg suchen
wir da vergebens Aufschluß. Von der Baukunst der italienischen Renaissance ist daran
kein Zug zu finden. Wenn wir also die Glaubwürdigkeit dieses Bildes auch nur hinsichtlich
der allgemeinen äußeren Erscheinung der Bauten gelten lassen, so müssen wir leugnen,
daß in der Festung Ofen ein italienischer Architekt des XV. Jahrhunderts auch nur das
Geringste gebaut habe. Zweifellos sind die Vertheidigungswerke der Festung im Laufe des
XV. Jahrhunderts unter Sigismnnd und Matthias vollendet worden. Wir dürfen
annehmen, daß ihre nördliche und südliche Schmalseite und wohl auch die westliche Lang-
seite durch Basteien geschützt waren, die der Donau zugekehrte östliche Seite aber frei blieb
und theils durch die von der nördlichen und südlichen Ecke bis zur Donau hinabgezogenen
Mauern vertheidigt wurde, theils aber auf dieser Linie die Häuser so angelegt waren,
daß ihre Außenseite als Schutzwall diente. Die Festung hatte drei Thore: das Thor
St. Johann des Täufers (in der Gegend des jetzigen Franz Josefs-Thores), diesem
gegenüber an der Westseite das Juden-Thor (jetzt Stuhlweißeuburger Thor) und am
Nordende das Samstags-Thor (ungefähr das jetzige Wiener Thor).
Von der Bauweise der vornehmen nnd bürgerlichen Wohnhäuser wisseu wir weuig.
Es ist von ihnen nichts erhalten geblieben, als in der Festung die gothischen Fragmente
unter dem Thore der Häuser: Landhausgasse 26 und Herrengasse 34, 38 und 40. Bei der
Enge des Raumes waren die Häuser sehr schmal und auch nach innen nicht tief; sie hatten
vorne zwei, höchstens drei Fenster; meist waren sie aus Fachwerk gebaut, wenigstens läßt
sich dies aus dem Umstände folgern, daß es in den Urkunden immer eigens erwähnt wird,
wenn von einem steinernen Hause die Rede ist.
Aus dem XV. Jahrhundert sind zwei Denkmäler der kirchlichen Baukunst erhalten
geblieben. Vou dem durch König Matthias 147l) erbauten und nenestens abgetragenen
gothischen Thurm, der keinesfalls von Italienern gebaut war, haben wir bereits gesprochen.
Auch dieser Thurm beweist, daß die neue Kunst bei uns auf dem Gebiete der kirchlichen
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (3), Volume 12
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (3)
- Volume
- 12
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1893
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.49 x 21.91 cm
- Pages
- 626
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch