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Erdgeschoß zwei Stockwerke. In der Mitte seiner einfachen, jedes architektonischen
Schmuckes entbehrenden Fa^ade führt eine Freitreppe zu einer in Stockwerkshöhe sich
erhebenden offenen Säulenhalle hinan. Die acht gewaltigen korinthischen Säulen derselben
tragen als Krone des Gebäudes den Giebel, dessen Feld sieben allegorische Figuren
in Zinkguß enthält: Pannonia der Kunst, Wissenschaft, Geschichte nnd dem Ruhme
Kränze reichend; die in der rechten Ecke des Feldes liegende jugendliche Gestalt stellt die
Theiß, der in der linken Ecke liegende Greis die Donau vor. Dieses Werk des Bild-
hauers Mouti entbehrt der decorativen Kraft, es drückt überdies gar nicht den Zweck
des Gebäudes aus, sondern charakterisirt mehr die Geistlosigkeit der damaligen Seulptur.
In den Mauern der Säulenhallen befinden sich vertiefte Felder für Reliefs, die aber nicht
gemacht wurden. DerRahmeu des als Haupteiugaug dienenden Thores ist der am reichsten
ornamentirte Theil des Gebäudes uud gleicht in Vielem dem Thore des Erechtheions zu
Athen. Die Festräume des Gebäudes, die Vorhalle, in die man durch das Hauptthor
gelangt, das darauf folgende Treppenhaus, die von hier aus sich öffnende Vorhalle des
zweiten Stockwerks uud der auschließeude Pruuksaal sind ohne Ausnahme ebenso einfach
gehalten wie die Fa^ade; der Architekt vermied folgerichtig die reichen, abwechslnngsvolleu
decorativen Elemente und suchte seine Wirkung in der klaren, übersichtlichen Anordnung
und der mit den einfachen Mitteln des Aufbaues: Säuleu, Pfeilern, Gebälk und kühnen
Flachgewölben bestrittenen Constrnetion. Auch hat er dieses Ziel vollkommen erreicht. Die
durch Sänlen und Pfeiler mehrfach getheilte, mit einer Flachknppel gedeckte Vorhalle, die
bei ihrem zweiten Abschnitt nach rechts und links abzweigende Haupttreppe, deren beide
Seiten im zweiten Stockwerk korinthische Säulengänge ausweise«, dauu die weite, kreis-
runde, durch Säulen, Pfeiler und Nischen gegliederte, kuppelgedeckte, vou oben beleuchtete
Halle, die dem römischen Pantheon ähnelt, schließlich der gleichfalls mit einer Säulen-
ordnung versehene, horizontal gedeckte und von oben beleuchtete Prunksaal siud iu der
gleichmäßigen Großartigkeit uud Feierlichkeit ihrer Wirkung der einfachen, aber doch
bedeutend wirkenden Fa^ade weitaus überlegen. Durch die zum Theil in neuerer Zeit
hinzugefügte verschiedenfarbige Stuckmarmorverkleidung der Säulen, Pfeiler und Wände
wird der architektonische Eindruck dieser Räumlichkeiten ein freundlicherer, während das
Treppenhaus in den geschichtlichen Malereien von Karl Lotz und Moriz Than einen
bedeutenden Schmuck erhalten hat. So ist dieser Bau auch jetzt uoch mit Recht eiu Stolz
der Hauptstadt, deuu er wird uuter den Bauten seiner Zeit von wenigen erreicht, in der
Hauptstadt aber ist seitdem kein Gebäude entstanden, das ihm an Wirkung gleichkäme.
Außer Michael Pollak hatten noch drei Architekten ihr Theil an der damals so
lebhaften Bauthätigkeit. Josef Hild erbaute vou 1827 bis 1830 das Handelsstands-
gebäude, dessen mit seiner Säulenhalle ansehnlich wirkende Fa^ade noch jetzt einen
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (3), Volume 12
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (3)
- Volume
- 12
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1893
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.49 x 21.91 cm
- Pages
- 626
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch