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Obst untermischt; Reihen von Körben voll Äpfel, die in allen Schattirnngen von Roth
losknallen; bauchige Butten voll reisblaner Pflanmen und angegilbter Pfirsiche; Berge
vou Weintrauben aller Farbe» und Aromen; mannshohe Grenzpyrainideu ans riesigen
Wassermelonen, von der dnnkelgrünen angefangen bis zur hellgrün gestreiften, darunter
als Lockspeise diese und jene entzweigeschnitten, so daß man ihr blutrothes Fleisch sieht.
Die Zuckermelone freilich will schonender behandelt sein; sie läßt sich nicht knnterbunt
übereinanderhäufen, sondern Cantalnp, Tnrkestan und Eichenrindige wollen in gesonderten
Comitatru nutergebracht sein. Die feilbietenden Weiblichkeiten gehören ohne Ausnahme
zn der gewichtigste» Volksclasse, mit derbem Wüchse, guter Gesundheit und starker Lunge
begabt, so daß sie der Gluthitze des Sommers und den Schneestürmen des Wintersrostes
in einem und demselben charakteristischen Costiim trotzen, ohne einen Klagelaut, zufrieden
mit ihrem Schicksal. Ehrliche, gute Geschöpft. Sie lassen mit sich haudelu. Sie preisen das
Geringe nicht au, weuu sie merken, daß der Knnde etwas davon versteht, nnd sie sind nicht
einmal grob gegen die Wählerischen. Und doch kommen alle „guteu Hausfrauen" der
Stadt hierher: jnnge Fränlein, Bürgersfranen, Gattinnen von Beamten in modischen
Kleidern, von der Magd begleitet. Auch Schreiber dieser Zeileu hat sich ja zur Sommers-
zeit oft genug unter ihnen bewegt, wenn er sich für den Schwabenberg verproviantiren
mußte, er kaun also auf Grund eigener Erfahrung bezeugen, daß die obst- und grünzeng-
verkaufeiideu Damen des Pester Donan-Ufers Muster eines nmgänglichen nnd räsonnablen
Billigkeitssinnes siud.
Noch weiter das Donau-User entlang finden wir den großen Geflügelmarkt ,
dessen Vorläufern wir schon auf dem Grnnzengmarkte begegnet sind, nnd zwar in Gestalt
der „Kranzeldamen", die, wenn ein Wagen hält, dem Insassen ihre Hühner und Gänse
anbieten. Hier nun seheu wir bereits eine ganze Kolonie vvn gefiederten Opferthieren, die
größtentheils in knppelförmige Körbe ans Weidengeflecht gesperrt sind. Das Meiste
davon kommt ans den nahen großen Städten des Alföld, aber die Pester „Koka" (Markt-
weib) kanft es schon vor der Mauthliuie auf, um uicht das Hühuermouopol aus der Haud
zu geben. Darüber darf aber uicht etwa der zarten Spanferkel vergessen werden, die,
namentlich vor Nenjahr, fabelhafte Preise erzielen, sintemalen die gesammte christliche
Bevölkerung Budapests von dem Glauben durchdrungen ist, daß ein gebratenes Span-
ferkel am Neujahrstage Glück bringt, da es „nach vorwärts" wühlt, wogegeu gebratenes
Geflügel an diesem Tage verhängnißvoll ist, weil es „nach rückwärts" scharrt!
Inmitten dieses gemüthlichen Volksgetümmels finden sich anch hier nnd da — jetzt
freilich schon immer seltener — die Garküchen „Laczi-Küche", von
Diminutiv für Ladislaus). Dazu gehört indeß einige Erlänteruug. Die alten
Magyaren hatten unterschiedliche Könige des Namens Ladislaus. Ladislans der Heilige
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (3), Volume 12
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (3)
- Volume
- 12
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1893
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.49 x 21.91 cm
- Pages
- 626
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch