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lichsten Essays in der Literatur; es paart sich in ihnen Sicherheit der Charakteristik mit
tiefgehender Würdigung der Schriftsteller und Staatsmänner in ihrer Wirksamkeit,
künstlerische Form und wohlabgewogene Vortragsweise. Die ungarische Prosa der
Abhandlung hat durch Gyulai ihren bisherigen Gipfelpunkt erreicht. Unter seinem Einfluß
begann auch die Laufbahn Zsolt Beöthys, der sich, wie Gyulai, anfangs zumeist mit
Dramaturgie beschäftigte; sein werthvolles Werk „Über das Tragische", dem die Akademie
den Karäesonyi-Preis zuerkannte, ist der vollgiltige Beweis eines weiten Gesichtskreises
und gründlicher, vielseitiger Studien, sowohl über die verschiedenen Kunstschöpfungen als
auch über die Theorien der namhaftesten Ästhetiker. Seine literaturgeschichtlichen Arbeiten
reihen sich denen Gyulais würdig an und bekunden den gleichen Grad von künstlerischer
Sorgfalt und Schärfe des Urtheils wie die seines Meisters.
Die pragmatische Pflege der Nationalgeschichte begann und entwickelte sich in
größerem Maßstabe mit den politischen Kämpfen dieses Jahrhunderts. Auf diesem
Gebiete zeichneten sich in den Vierziger-Jahren Paul Jäszay durch sein Werk: „Die
Tage der ungarischen Nation seit der Niederlage bei Mohäcs" und Graf Josef Teleki
durch sein großes Werk: „Die Zeit der Hunyadis" aus. Nach ihnen wurden Michael
Horväth und Ladislans Szalay die beliebtesten. Horvath schrieb die ganze Geschichte
der Nation, zuerst in vier, dann m acht Bänden, und brachte außerdem zahlreiche
Monographien, in denen er durch starkes patriotisches Gefühl, wie durch den klaren Bau
seiner Werke und den glatten, fließenden Vortrag die Vorgänger weit überflügelte. Er war
der fruchtbarste Vertreter der ungarischen Geschichtsschreibung und der Meister der
neueren Historiker. Auch Szalay begann eine Geschichte von Ungarn, konnte sie jedoch
nur auf sechs Bände bringen, welche von der Urzeit bis 1760 reichen. Aber auch so ist
dieses Bruchstück ein Geschichtswerk ersten Ranges, dessen Verfasser an strenger Sachlichkeit,
an Schärfe in der Untersuchung des Zusammenhanges zwischen äußeren und inneren Ver-
hältnissen, besonders aber durch die Ermittlung des Entwicklungsganges der ungarischen
Verfassung auch Michael Horvath übertroffen hat. Den Spuren dieser beiden großen
Geschichtsschreiber folgten in den Sechziger- und Siebziger-Jahren noch viele; überhaupt
griff die Pflege der ungarischen Geschichte sehr weit um sich, sowohl in Bezug auf die
Studien und vielseitigen Forschungen der Schriftsteller, als auch auf die Zahl und den
Werth der hervorgebrachten Werke und selbst auf das unausgesetzte Interesse des
Publikums, so daß kein anderer Zweig der Wissenschaft in Ungarn so große Fortschritte
aufzuweisen hat. Die vorzüglichsten Geschichtsschreiber sind außer den erwähnten: Karl
Szabö, Franz Salamon, Julius Pauler, Alexander Szilägyi, Wilhelm Fraknöi,
Koloman Thaly, Ärpäd Kärolyi, Heinrich Marczali und Andere. Auf dem Felde
der Kunstgeschichte wirkten besonders verdienstlich: Emerich Henszlmann, Arnold
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (3), Volume 12
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (3)
- Volume
- 12
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1893
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.49 x 21.91 cm
- Pages
- 626
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch