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Stoff tief durchdringenden Seele, des kühnen Talents und einer solchen Unternehmungen
gewachsenen Befähigung begrüßen.
Nenestens hat Mnnkacsy die Welt damit überrascht, daß er, wo er ihr nicht aus-
weichen kann, auch die Allegorie zu meistern versteht; sein riesiges Deckengemälde im kunst-
historischen Museum in Wien (die Verherrlichung der Reuaissaucekuust) ist eine glücklich
gelöste monumental-dekorative Ausgabe, die uns sein vornehmes Talent noch vielseitiger
erscheinen läßt. Die ungarische Regierung hat dem Künstler unlängst den Auftrag zu einem
umfangreichen historischen Wandgemälde ertheilt, das im großen Berathungssaal des im
Bau begriffenen Reichstagsgebäudes seinen Platz finden wird. Der Stoff war der sreien
Wahl Mnnkäcsys überlassen, der auf einen lange gehegten Plan zurückgriff und eine ent-
scheidende Scene der Eroberung Ungarns durch die Magyaren wählte; die Vorstudien zur
zeitgemäßen Darstellung derselben hat er, mit größter Sorgfalt, bereits vollendet.
Gehen wir nun zum jüngeren Künstlergeschlecht über, so sehen wir die Zahl der
technisch Vorgeschrittenen sich unablässig mehren, dieFachknndigkeit wird immer allgemeiner,
jedes Kunstfach findet seine Pfleger, Spezialisten erstehen in immer wachsender Menge.
Das Niveau der Malerei zeigt jedoch trotz dieser günstigen Factoreu kein verhältniß-
mäßiges Steigen und nur selten gewahrt man, wessen die Zukunft doch besonders bedarf,
eine jener ernsten Kraftäußerungen, die sich auf die monumentalen Aufgaben der Malerei
und auf Erwerbung der dazu erforderlichen Fähigkeit richten. Diese ehrwürdige Erbschaft
der weihevolleren alten Garde scheint jetzt Ärpäd Feszty zu winken, der sich mit Bewußt-
sein und Thatkraft vorbereitet, die Lücke zu füllen, und gerade in der historischen Land-
schaft die Künstlertaufe empfangen hat. Übrigens hat sich sein höherer Beruf schon bei der
inneren Ausschmückung des Opernhauses erwiesen, wo er die geistvollen Verkörperungen
der „Naturstimmen" (Bachgemnrmel, Rohrgesäusel u. s. w.) schuf. Auf der Kunst-
ausstellung von 1890 gab er mit dem großen Bilde: „Maria und Magdalena am Grabe
Christi" einen neuen Beweis ernsten Strebens, das Werk fand allgemeine Anerkennung
und gewann die große goldene Medaille des Kunstvereins. Seitdem erhielt Feszty vom
königlich ungarischen Justizminister den Auftrag, den Schwurgerichtssaal im neuen Justiz-
palast mit Wandgemälden zn schmücken. Er wählte sich dazu Motive aus der Entwicklungs-
geschichte des Rechts und der Rechtspflege in Ungarn. Diese sechs großen und trefflichen
Bilder, sämmtlich auf Grund eingehender Geschichtsstudien und in zeitgemäßer Auffassung
durchgeführt, sind von nationalem Charakter und bleibendem Werthe, er hat sich durch
sie einen hochgeachteten Namen auf dem Gebiete der vaterländischen Geschichtsmalerei
erworben. Mit dieser erfreulichen Thatsache ist jene richtigste, allerorten bewährte, ja sozu-
sagen allein seligmachende Richtung der officiellen Kunstförderung gleichsam eröffnet, die
nur folgerichtig fortgesetzt und mit der erforderlichen Freigebigkeit ausgeübt zu werden
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (3), Volume 12
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (3)
- Volume
- 12
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1893
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.49 x 21.91 cm
- Pages
- 626
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch