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berührenden Bedeutung gelangten. Barabäs spielte hier dieselbe Rolle wie Kriehuber für
Österreich. Wie dieser, so wußte auch Barabäs die lithographische Kreide gewandt zu
führe», ehe die Photographie kam und die Verewigung der Gesichtszüge fast ganz an sich riß.
Viele hundert Blätter beträgt die Folge seiner Bildnisse, ein förmliches Magazin der neueren
Culturgeschichte Ungarns, worin unter anderen die Jugendbildnisse Alexander Petöfi's
und anderer Größen werthvolle Unica sind. Sein Leben ist noch unvollendet, doch läßt
sich von ihm füglich sagen, daß hinsichtlich dieses allgemein giltigen Interesses seiner Werke
keiner der trefflichen jüngeren ihm gleichkommt. Die Verdienste Nikolaus Barabäs' sind
denn auch längst vom ganzen Lande anerkannt, wenn auch in Hinsicht auf rein malerische
Vollkommenheit seither von Verschiedenen überholt.
Freilich haben auch die Bahnbrecher ihre Bahnbrecher, wenigstens in der Bildniß-
malerei; haben wir doch schon im XVIII. Jahrhundert zwei so hervorragende ungarische
Porträtkünstler, wie die schon oben erwähnten Mänyoky und Kupeezky, im Auslaut»
wirken gesehen. Daß es noch andere solche Künstler gegeben haben mag,von deren nngarischer
Zugehörigkeit nur nichts bekannt ist, dafür ist als Beispiel Karl Brocky anzuführen, der
meistens in Italien und England lebte, so daß man daheim von seiner Thätigkeit fast nichts
erfuhr, bis ihn sein Vaterland aus einigen trefflichen, letztwillig dem ungarischen National-
museum vermachten Bildern als einen feinsinnigen und hochbegabten, den alten Meistern
nachstrebenden Künstler schätzen lernte. Ihm dankt das Nationalmuseum unter anderem
die Ölbildnisse des tapferen ungarischen Generals Georg Kmety (später als Ismail Pascha
der heldeumüthige Vertheidiger von Kars) und des ungarischen Kriegsministers von 1848,
Ladislaus Meszäros, beide in London gemalt.
Der neuere Aufschwung dieses Kunstzweiges machte sich besonders auf der Landes-
Ansstellung im Jahre 1885 bemerklich, in deren Bilderhalle die Abtheilung der Porträts
zu den glänzendsten gehörte. Diese erfreuliche Überraschung war, außer den daheim
lebenden Wackeren, in erster Reihe dem Zusammentreffen dreier bedeutender nngar-
ländischer Künstler zn verdanken: Julius Beuczür, Heinrich von Angeli und Leopold
Horowitz. Auf jener Ausstellung prangte eine ganze Schaar interessanter Köpfe, unter
denen uns aber noch jetzt der des gewesenen Ministerpräsidenten Koloman Tisza, eines
der Meisterwerke Julius Beuczürs, am lebendigsten vorschwebt. In dem Jubiläumsbilde
der ersten ungarischen Versichernngs-Gesellschaft anerkannten wir die Schaffenskraft, mit
der der Meister nach alten Porträts nnd verblichenen Photographien der verstorbenen
trefflichen Männer sozusagen den todten Stoff wieder lebendig zu machen und in einer
Komposition von großem Wurf lebhaft und charakteristisch in Beziehung zu setzen ver-
standen. In dem Porträt des gewesenen Ministerpräsidenten aber sehen wir mit unbedingter
Bewunderung eine tiefe und geduldige Spürkraft, eine außerordentliche Feinheit der
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (3), Volume 12
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (3)
- Volume
- 12
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1893
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.49 x 21.91 cm
- Pages
- 626
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch