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Übrigens gewinnt das ungarische Genre immer mehr Mannigfaltigkeit. Im Kreise
der socialen Gesichtspunkte entwickelt sich Tihamer Margit tay, ein letztmodernes und
gewiß nicht alltägliches Talent, das die tragikomischen Episoden des Salonlebens und
einzelne bizarre Figuren desselben bald mit guter Laune charakterisirt, bald bis an die
Übertreibung zuspitzt und sich damit ein großes dankbares Publikum erobert hat. („Der
Unwiderstehliche", „Der Korb", „Die gute Partie", „Flitterwochen", „Scheiden wir uns"
n. s. w.) Mit der Muße des Spottes arbeitet auch Eugen Kämendy, doch wendet sich
seine sanfte Satire nicht gegen unser k'in sieele, sondern gegen die Lächerlichkeit der
Mode am Ende des vorigen Jahrhunderts; mit den bunten Unglaublichkeiten derselben,
die er aufs feinste und mit bester Laune auszuführen weiß, hat er sich besonders im
Ausland eine recht geschätzte Specialität geschaffen. Die bürgerliche Classe unserer Zeit
und mitunter auch unser Salonleben findet noch einen feinen Darsteller in Eugen
Jendrassik und dem wackeren, in München lebenden Stephan Csök. Hier wären dann
noch anzureihen: Jguaz Ujväry, Bartholomäus Karlovszky, Arthur Halmi, Theodor
Zempleuyi, Karl Ferenczy, Bela Grünwald, Philipp Läszlö, Anton Neogrädy,
Josef Rippl-Ronai, Simon Hollössy, Friedrich Strobencz, Aknsins Tolnai, Anton
Szirmai, Koloman Deri und der gewesene Architekt Robert Nadler, dessen vielseitiges
Talent Architekturzeichnung, Landschaft und Genre gleichmäßig beherrscht.
Ein neues Element von modernstem Geiste bildet die anziehende und würdigende
Darstellung der Fabriks- und Handarbeit, des Arbeiterlebens mit seinen mannigfaltigen
Kämpfen, deren Kleinwelt von Glück und Unglück durch die findigeren Sittenmaler neuer-
dings mit Erfolg ausgebeutet wird. Einer der Ersten unter ihnen war Ärpäd Feszty,
dessen Gemälde: „Grubenunglück" auf der 1885er Ausstellung mit vollem Recht Auf-
merksamkeit erregt hat. Es ist das Werk eines empfänglichen Gemüths und denkenden
Geistes, der ohne Pathos, aber dennoch mit poetischem Ausdruck und ergreifender
Wahrheit das traurige Ereiguiß erzählt. Der Beginner dieser neuen Richtung war, wenn
wir uns recht erinnern, der treffliche, jetzt in London lebende Ludwig Brück mit einem
großen und wirksamen Bilde: „Eisengießer", dessen interessantes Motiv er sich aus der
Altoseuer Schiffswerft« geholt hat. Seinem Beispiel folgten Andere, so namentlich sein
jüngerer Bruder Max Brück, Anton Tahi und Demeter Skntezky. Letzterer lebte viele
Jahre, mit Aufträgen überhäuft, in Venedig und errang schöne Erfolge; jetzt ist er daheim
und bewährt seine aus Italien geholte farbenbunte Manier an heimischen Motiven, ins-
besondere an interessant charakterisirten nnd effectfrischen Augenblicksbildern aus dem
Leben der oberungarischen Slovaken. Unter denen, die sich dem eingehenden Studium der
in Ungarn wohnenden Nationalitäten widmen, ragt der in Werschetz geborene Paul
Jvauowits hervor, ein ausgezeichneter Maler, den der Zug der Stammverwandtschaft
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (3), Volume 12
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (3)
- Volume
- 12
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1893
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.49 x 21.91 cm
- Pages
- 626
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch