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von ungarischer Herkunft sind Ludwig Michalek in Wien und Gabriel Kädär in Paris,
desgleichen einer der Jüngsten in diesem wenig gepflegten Kunstzweige: Karl S t raßgür t l
in Berlin.
Nach alledem ist dennoch unter den drciHanptzweigen der bildeudenKünste die Plastik
diejenige, die sich, Dank den? Zusammentreffen und längeren Fortbestehen zahlreicher
günstiger Bedingungen, am glücklichsten entwickelt hat. Der Aufschwung des öffentlichen
Geistes, das materielle Gedeihen der Gesellschaft und ihre uachgerade zur Entwicklung
gelangte Kunstempfindung, endlich die Unterstützung durch den Staat, — dies sind die
Bedingungen, an welche sich die reichere Entfaltung der Plastik, als selbständige Kunst,
knüpfte. Es sind dieselben Kräfte, deren Zusammenwirken die Plastik im Alterthum und
während der Renaissance auf eine so hohe Stufe der Vollkommenheit erhob, und das
Fehlen der einen oder anderen oder zeitweilig auch aller dieser Bedingungen ist zugleich
die Erklärung, warum diese Kunst, wenn sie gleich die verflossenen Jahrhunderte hindurch
in Ungarn nicht gänzlich brach lag, dennoch gar wenig Denkmäler der Vergangenheit ans
unsere Tage gelangen ließ, wie denn überhaupt das Land bis auf die neueste Zeit über-
aus arm an hervorragenden plastischen Begabungen war. Als dann die nationale Plastik
eben zu keimen begann, wurde ihr Nährboden selbst durch die nämlichen Verhältnisse
ins Wanken gebracht, welche dem Aufblühen der Schwesterkünste so hinderlich wurden.
An Anfängen, die auf der Höhe ihrer Zeit standen, und an Bestrebungen, die zu schätzbaren
Versuchen führten, hatte es übrigens auch in alter Zeit nicht gefehlt. Ihre Spuren sind
aus so manchem Blatte der geschriebenen Landesgeschichte zn finden. Da ist, in den ersten
Jahrhunderten nach Annahme des Christenthums, von dem mehr oder weniger reichen
plastischen Schmuck dieser und jener Kirche die Rede, so beispielsweise von der Pracht
jenes Graner Domes, den gegen Ende des XII. Jahrhunderts Erzbischof Hiob neu erbauen
ließ, von dessen Statuenschmuck jedoch leider uichts auf uus gekommen ist, als was wir
aus weit späterer Schilderung in Wort und Bild erfahren. Aus dieser Zeit und von der
Art und Weise ihrer plastischen Kunst sind gerade nur noch einige Proben erhalten
geblieben, nämlich die Reliefs in den Domkirchen zu Karlsburg (Siebenbürgen) und
Fünfkirchen. Die letzteren, die in der Wand des zur Unterkirche führenden Ganges ange-
bracht sind, behandeln Scenen aus der Geschichte des Simson nnd Herodes, allerdings
mit recht primitiver Kunst als lose zusammenhängende Reihe von Figuren uud Gruppen
in halber Lebensgröße. Weitaus bedeutender, und auch jünger, ist der reiche Statuenschmuck
der Abteikirche zu Jäk, deren wir, als einer der schönsten Schöpfungen des romanischen
Kirchenbaues, bereits gedacht habeu.
Die recht zahlreichen gothischen Kirchen im Lande zeigen — nach der Behauptung
eiues vaterländischen Kunsthistorikers — größtentheils schon das Gepräge des sinkenden
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (3), Volume 12
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (3)
- Volume
- 12
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1893
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.49 x 21.91 cm
- Pages
- 626
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch