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Stils, Kleinlichkeit und unvollendeter Zustand sind ihre bezeichnenden Züge. So ist denn
auch die an sie gewendete Bildhauerarbeit geringerer Art, sie beschränkt sich meist auf
die ornamentalen Figuren an den hervorspringenden Cousoleu, Kragsteinen und Schluß-
steinen, sowie auf die im Laubornament angebrachten Köpfe und Gesichter. Die besten
Arbeiten dieser Art finden sich in der Benedictinerkirche zu Ödeuburg, in Neudorf (Jglo)
und einigen anderen Städten der Zips, ferner im Dome zu Agram. Hier und da sind
auch die Giebelmauern und Bogenfelder der Thore mit Reliefs geschmückt. In dieser
Hinsicht steht der Dom zu Kaschau voran, insbesondere dessen nördliches Portal, wo in
spitzbogigen Feldern vertheilt eine ganze Reihe lebendig behandelter, wenngleich etwas
mangelhaft ausgeführter Reliefdarstellungen aus der Legende der heiligen Elisabeth und
der Passionsgeschichte zu sehen ist.
Gegen Ende des XIV. Jahrhunderts fand auch schon die selbständige Plastik ihre
Männer, ja es gab im Lande sogar berühmte Kunsterzgießer. Solche waren die Meister
Martin und Georg, Söhne des Klansenburger Malers Niklas, welche die Bildsäulen der
drei aus Ärpäds Stamme entsprossenen Nationalheiligen Stefan, Emerich und Ladislaus,
sowie das in Großwardein errichtete Reiterstandbild des letzteren in Erz gegossen haben.
Diese Werke sind sämmtlich untergegangen. Wohl aber steht noch jetzt auf dem Domplatze
zu Prag die eherne Reiterstatue Sauet Georgs, die trotz ihrer Mängel ein ganz hervor-
ragendes Werk jener Zeit ist und sich in einer alten Inschrift als Werk der beiden
Klauseuburger Meister bekundet.
Einen lebhafteren Aufschwung nahm die Sache der Kunst, besonders der Plastik,
im XV. Jahrhundert unter König Matthias' Regierung; ihn knüpften persönliche Sym-
pathien und auch verwaudtschaftliche Bande an Italien, und mit mehreren dortigen Höfen,
welche sich der Förderung von Kunst und Literatur befleißigten, sowie mit einzelnen
bedeutenden Männern jenes Landes blieb er zeitlebens in regem Verkehr. In der Reihe
der Künstler, die er nach Ungarn berief, wird Benedetto da Majano erwähnt. Auch
Verocchio wurde von ihm wiederholt beschäftigt. Diesem Künstler werden neuerdings die
im Berliner Museum befindlichen medaillonförmigen Jugendbildnisse des Matthias und
der Beatrix zugeschrieben, während die im Wiener k. und k. kunsthistorischen Hofmuseum
bewahrten, in weißem Marmor gearbeiteten Reliefporträts des königlichen Paares von
einem unbekannten Künstler stammen. Ans gleichzeitigen Aufzeichnungen ist bekannt, daß
Verocchio für Matthias auch Bronzebüsten des Darius und Alexanders des Großen, sowie
einen Bruuuen ausgeführt hat. Ein anderer marmorner Brunnen sei das Werk Andrea
da Fiesoles gewesen. Von italienischen Künstlern gefertigt waren vermuthlich auch die
ehernen Statuen und Reliefs, die in bedeutender Anzahl die Thore und Höfe der Königs-
paläste zu Ofen und Visegräd schmückten; dagegen mögen die Denkmäler des Hauses
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (3), Volume 12
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (3)
- Volume
- 12
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1893
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.49 x 21.91 cm
- Pages
- 626
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch