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zwischen dem in die Donau fallenden Näkos nnd den der Galga, also mittelbar der Theiß
zufließenden Gewässern. Der sandige Boden ist sehr reich an Qnell- und Brunnenwasser;
obwohl nicht besonders fruchtbar, läßt er den Bauer dennoch selbst bei schlechter Ernte
nicht ganz im Stich. Das Klima darf für sehr gesund gelten; ansteckende Krankheiten, wie
anch die Cholera pflegen die Gegend zu verschonen. Der Ort wird schon zu Anfang des
XIV. Jahrhunderts erwähnt, doch hatte er keine besondere Wichtigkeit. Im Jahre 1492
hatte er zwar bereits eine steinerne, mit Thnrm versehene Kirche, doch blieben in der
Türkenzeit nur fünf Bauernhöfe bewohnt; im Jahre 1696 zählte es 26 Familien, 1702
72 Hörige, sämmtlich Magyaren. Die ganze Entwicklung des Ortes war bis in die nencste
Zeit mit dem Namen Grassalkovich untrennbar verknüpft.
Nach der Vertreibung der Türken war Gödöllö ein kleines, bedeutungsloses, armes
Dorf. Die Wände seiner Häuser bestanden aus Flechtwerk, das, gleich den Schwalben-
nestern, dick mit Lehm verstrichen war; die Hauptbalken seiner Strohdächer ruhten anf
Gabeln; das herrschaftliche Gebäude stand an der Stelle des jetzigen Gasthofs, längs der
vor Flugsand fast unfahrbaren Landstraße. Um seinen Besitz führten die Familien Bossänyi
nnd Forgäcs und der Ofner Administrator Baron Verlaiu eiueu langen Proceß. Seit
der Einführung der Avitieität war ja das Processiren um die ungarischen Adelsgüter eine
herkömmliche Sache. Die türkische Invasion, die so viele Rechtsnachweise vernichtete,
machte den ganzen Besitzstand noch unsicherer. Auch Gödöllö war eine Zeit lang in
türkischer Hand; auch über seinen Besitztitel hatte die berühmte evinmissic» neoa,ccjuisticu
zu entscheiden. Wir wollen hier nicht alle Einzelheiten dieses verwickelten Processes mit-
theilen, der damit endete, daß Anton Grassalkovich, Director der königlichen Nechts-
angelegenheiten, der auch Präsident und leitender Geist der nevacquisticu war, im
Jahre 1732 von Christine Bossänyi deren Gödöllöer Antheil für 5.852 rheinische Gulden
in Pfaud uahm, dann aber die Bossanyi'schen Erben der Reihe nach befriedigte, so daß
schon 1748 die ganze Domäne in seiner Hand vereinigt war. Ihm gehörten nun Kerepes,
Jsaßeg, Esömör, Zsidö, Soroksar und später erwarb er auch uoch die Herrschaft Hatvan,
so daß er, wie man sagte, von Hatvan bis an die Thore Pests reisen konnte, ohne seinen
Grund und Boden zu verlassen.
Anton Grassalkovich ist eine der charakteristischesten Figuren jeuer ungarischen Gesell-
schaft des XVIII. Jahrhunderts, die sich nach den Türken- und Kurntzenstürmen wieder zn
organisiren begauu. Er wurde 1693 zu Ürmeny im Neutraer Comitat geboren und
stndirte in Fünfkirchen bei den Franciscanern, die den hochbegabten armen Jüngling
unentgeltlich ernährten. Nach Vollendung seiner Studien wurde er iu Pest Advocat und
verkündete demonstrativ, daß er vor Allem die Interessen der katholischen Kirche zn wahren
beabsichtige. Er hatte seine Zeit verstanden, die Zeit nach dem Szatmarer Frieden, wo
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (3), Volume 12
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (3)
- Volume
- 12
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1893
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.49 x 21.91 cm
- Pages
- 626
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch