Page - 4 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Tirol und Vorarlberg, Volume 13
Image of the Page - 4 -
Text of the Page - 4 -
4
Gesteinsmassen, ans denen die grüne Vegetationsdecke im schönsten Contrast sich abhebt.
Und immer klarer tritt sie uns vor Augen, die charakteristische Dreitheilnng der Alpenkette:
die Nordalpen Tirols mit den Algäner uud Nordtiroler Kalkalpen auf dem linken und
dem Kitzbühler Schiefergebirge auf dem rechten Ufer des Inn; südlich davon erhebt sich
die Centralalpenzone mit dem Rhätikonstock, dem Ötzthaler Massiv, den Zillerthaleralpen
und den hohen Tauern; daran schließen sich die Südalpen Tirols, die Ortler- und
Adamellogrnppe uud andere mannigfaltige Äste der südtirolischen Kalkalpen. Zwischen
diese Kämme haben sich die Flüsse und Bäche ihr Bett eingenagt und zerstückeln das Land
in mehrere natürlich begrenzte Abschnitte. Aber anch noch ein Zweites nimmt unser Auge
wahr: ein gauz wundervoll eontrastirendes Vegetationsbild zwischen den Gipfeln des
Hochgebirges und der Thalsohle, zwischen dem ranhen Nord und dem gluthauchenden
Süd, und in wenigen Stunden vermögen wir aus der pflanzenarmen Polarzone der
Hochgebirgsregion hinabzusteigen in das Gebiet der Rebe, der Feige, der Olive und
der immergrünen Laubwälder. Gerade diese Mannigfaltigkeit und Abwechslung in der
Bodengestaltung wie in der Bodenbedeckung macht Tirol so hochinteressant, und wenn sich
unser Auge schon an den Meereswogen, wo keine Welle, keine Falte der anderen gleicht,
nie satt sehen kann — wie viel weniger erst an der Hochgebirgslandschaft, die ja anch
nichts Anderes ist als ein festgewordener Abdruck einstiger Meereswellen, ein erstarrtes
Faltenband einstiger Sandbänke und Korallenstöcke!
Das Hauptthal im Norden Tirols ist das Inn tha l , welches sich in ziemlich gerader
Richtung von West nach Ost erstreckt. Es beginnt bei Nanders, wo der Inn sich zwischen
den fast senkrechten Felswänden gar mühsam sein Bett gegraben hat; hoch droben lagert
das stattliche Dorf mit der angeblichen Römerburg und nahe an der Grenzsperre tost ein
üppiger Wasserfall. Bald folgt die alte schon 1079 angelegte Finstermünz-Befestigung
und die Hochfinstermünz mit einem prachtvollen Ausblick auf das Innthal, ein Punkt, an
welchem wir zweifelnd stille stehen, ohne zu wissen, soll unser Blick zuerst der ueneu Finster-
münzstraße gewidmet sein, diesem Prachtwerk alpiner Straßenbaukunst, das mit seinen
Dämmen, Tunnels und Lawinenrinnen am rechten Jnnnser in den Fels eingemeißelt vor
uns sich erhebt, oder soll er sich an die hochaufgethürmteu, zum Theil überhängenden Felseu
heften, oder darf er sich erfreuen an dem tief unten in jugendlicher Frische dahineilenden
azurnen Jnnslnß! An der Mündung mehrerer kleiner Alpenthäler vorüber gelangen wir
in ziemlich einförmiger Gegend nach Pfunds, der Heimat des tirolischen Dichters Johann
Senn, und nach Ried in einer durch tief eingerissene Bergabstürze vielfach vermnhrten und
verwüsteten Landschaft; mir das links oben liegende Wallfahrtskirchlein Maria im Walde
glitzert freundlich in das traurige Landschaftsbild. Wenige Schritte und — inmitten
prächtiger Obstgärten siedelt das lieblich gelegene Dörfchen Prutz; darüber auf schroffer
back to the
book Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Tirol und Vorarlberg, Volume 13"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Tirol und Vorarlberg, Volume 13
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Tirol und Vorarlberg
- Volume
- 13
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1893
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.12 x 23.1 cm
- Pages
- 624
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch