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Die munizipalen Einrichtungen der römischen Periode lernen wir (von Tridentnm
und seinem Gebiet, das der italischen Entwicklung folgte, abgesehen) an zwei Punkten
unseres Landes näher kennen, nämlich bei Brigantinm und bei Aguntnm.
Brigantinm hatte als der wichtigste Hafen des seit dem Ausgang des III. Jahr-
hunderts n. Chr. zu militärischen Zwecken verwertheten Bodensees, sowie als Durch-
gangspunkt der von der Tonaugreuze über Curia (Chur) nach Italien führenden Straße
Bedeutung. Es war ein militärischer Posten hier und das Bild der Stallgöttin Epona,
das in Brigautium gefunden wurde, dürfte auf das Vorhandensein öffentlicher Stallungen
hinweisen. Das Muuizipium war nicht groß, wie mau denu einen modernen Maßstab da
nicht anlegen darf, aber es hatte Forum, Bäder, Mosaiken, Heiligthümer, Säulengänge,
wie es der Bauart der damaligen Epoche entsprach, so daß man das Localmnsenm von
Bregenz mit interessanten Überresten füllen konnte. Dabei wetteiferte Brigantinm mit
Cambodnnnm, dem heutige» Kempten.
Während so das ganze Vorarlberg im Stadtgebiet von Brigantinm enthalten war,
hatte das Pusterthal seine „Stadt" in Agnntum. Dieses uorische Muuizipium, das seine
Einrichtung dem Kaiser Claudius verdankte, hat man früher aus weniger zutreffenden
Gründen wohl bei Jnnichen anzusetzen beliebt; es lag vielmehr eine Stunde ostwärts von
Lienz in der Gegend von Dölsach am Debantbach. Dies geht sowohl ans den Zählungen
der Meilensteine hervor, die Agnntum als Ausgangspunkt nehmen (ein bei Jnnichen
gefundener rechnet 44 Milien von Aguutum weg, eiuer bei Lorenzen 56 Milien), als auch
ans einer Inschrift, welche bei den Überschwemmungen des Jahres 1882 durch deu
Debantbach ausgeworfen wnrde. Diese Inschrift (jetzt im Museum zu Innsbruck) lehrte
uns den „Begräbnißplatz der Verehrer des Genius vou Aguutum" kennen. Unweit davon
bei Nußdorf sind Hypokansten, die unterirdischen Heizräume der römischen Häuser,
aufgedeckt worden. Von Persönlichkeiten kennen wir einige „Zweimänner" (das ist Bürger-
meister) des Mnnizipiums, sowie einen von hier stammenden Prätorianer, der unter
Septimins Severus in Rom diente; endlich den Sclaven eines der Honoratioren. Der
Verkehr ging die Dran abwärts über die Pleckenalp nach Aquileja, der Hauptstadt
Venetiens in der römischen Zeit, und uach Westen zu über die Stationen Litamnm und
Sebatnm durch das Thal des Birrus (der heutigen Rienz) nach Vipitennm am Eisack.
Nach Nordeu hin gehören die Tauernübergäuge zu den uralte« Verkehrswegen. Es
begegnen uns Würdenträger von Agnntum auch auf den Inschriften der Chiemseegegend.
Inwiefern die Seitenthäler bevölkert waren oder allmälig in den Verkehr eintraten,
läßt sich nicht bestimmt sagen; doch scheint im Laufe der Periode eine Zunahme der
Bevölkerung und eine Erweiterung des cultivirteu Bodens stattgefunden zu haben. Dafür
spricht der Umstand, daß viele Ortsnamen aus dem romanischen runcare (— „reuten")
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Tirol und Vorarlberg, Volume 13
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Tirol und Vorarlberg
- Volume
- 13
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1893
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.12 x 23.1 cm
- Pages
- 624
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch