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selben und ebenso die Gerichtsbezirke. Auch war die Kaiserin nicht in der Lage, ver-
pfändete Gerichtsbezirke einzulösen, sie sah sich im Gegentheil zu neuen Verpfändungen
gezwungen. Doch trat sie der Willkür der Gerichtsiuhaber durch Erlaß einer Sportular-
orduuug entgegen.
Die Bemühungen der Kaiserin zur Hebung der unteren Stände waren in Tirol
weniger folgenreich als in den anderen Ländern der Monarchie. Hier, wo der freie Bauern-
stand nie völlig verschwunden war, hatte sich die ganze bäuerliche Bevölkerung im Laufe
des XVII. und der ersten Jahrzehnte des XVIII. Jahrhunderts merklich gehoben. Wohl
mußte die Mehrzahl noch mancherlei Grundzinse an die Grundherren entrichten und
war diesen zu verschiedenen Frohnen verpflichtet, allein nur in wenigen Gegenden
erreichten diese eine drückende Höhe und nicht selten waren sie mehr ein Beweis ehemaliger
Unfreiheit des Besitzes als eine wirkliche Last. Ein nicht unbedeutender Theil des Bauern-
standes aber hatte vollkommen freien Besitz, ja selbst Herrengülten und Schlösser. Denn
der Adelstand war seit der ersten Hälfte des XVII. Jahrhunderts immer mehr in Verfall
gerathen und hatte ein Schloß nach dem anderen, ein Gut um das andere verloren. Einen
ähnlichen Aufschwung wie der Bauernstand hatte der Bürgerstand genommen, nachdem
er die Folgen des dreißigjährigen Krieges überwunden. Allerdings vermochten sich einzelne
Städte von den harten Schlägen, die sie im XVII. Jahrhundert getroffen, nicht ganz
zu erholen; so besonders jene, die ihre Blüte dem Bergbau verdankten wie Hall und
Sterzing. Um so mehr hoben sich andere, sei es, daß alte Erwerbszweige neu ausblühte»
oder daß neue sich bildeten, wie Innsbruck, Bozen, Trient und Rovereto. Bei dieser Sach-
lage konnten die Verordnungen Maria Theresias, die gegen die Übergriffe der Grundherren
gerichtet waren, in Tirol nicht tiefer eingreifen, und jene, welche Handel und Gewerbe
von den bisherigen Fesseln befreien oder die Industrie begünstigen sollten, erlangten
gleichfalls nicht so hervorragende Bedeutung, aber immerhin hob sich der Handel trotz der
neuen Zoll- und Weggelder, und neue Industriezweige erblühten.
Anders stand es mit jenen Reformen, die allein die Hebung des Staatseinkommens
bezweckten. Die alljährlich an den Landesausschuß gestellte Forderung zur Bewilligung
einer Landessteuer verminderte das ständische Steuerbewilligungsrecht um so mehr, je
öfter sie gestellt wurde, und dazu kamen noch wiederholt außerordentliche Forderungen von
viel größerer Höhe, die trotz aller Klagen und Beschwerden der Ausschüsse nicht zurück-
genommen wurden. Die Kaiserin führte aber auch ohne Befragen der Stände hier wie
anderswo neue Steuern ein, wie z.B. die Vermögens- und Kopfsteuer, verschiedene Aecisen
und dergleichen. Noch viel schwerer wurde die Regelung des Münzwesens, die Verrufung
schlechter Münzsorten empfunden, die selbst einen Aufruhr im Burggrafenamt hervorrief,
der jedoch mit Hilfe der treuen Paffeirer rasch gedämpft wurde.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Tirol und Vorarlberg, Volume 13
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Tirol und Vorarlberg
- Volume
- 13
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1893
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.12 x 23.1 cm
- Pages
- 624
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch