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unter lautem Spott als „Henneler" durchs Dorf ziehen lassen. Selbst das poesievolle
Getriebe der Brechlerinnen, welche in den dustig blauen Herbsttagen die reizende Staffage
der Landschaft ausmachen, haben die schwere Arbeit durch das Aufstellen des „Brechel-
bnsches" gewürzt, den zu rauben Aufgabe der Dorfburschen ist.
Diese letzteren bilden überhaupt das belebende Element des Dorfes. Sie sind die
Veranstalter aller bäuerlichen Belustigungen, die wir später kennen lernen werden, vom
tollen Fasching angefangen bis zum Perchtenlanfen am Vorabend des Dreikönigstags.
Von ihnen wird auch aller jener Schabernack ausgeheckt, den sie trntzigen Dirndeln wie
alten Jungfern bei allen nur möglichen Gelegenheiten anthun. Jeder thörichte Vorgang,
der sich im Dorf ereignet, jeder schlimme Zufall, jede Unziemlichkeit, die, sei es von Burschen
oder Mädchen begangen wird, wird schonungslos gegeißelt und der öffentlichen Rüge
und dem Spott der Dorfbewohnerschaft preisgegeben. Wie dem Bauern, dessen Alpen-
vieh am wenigsten Milch abwarf, die Spottgeige ans Haus gerußigt wird, kommt der
nächtliche Besuch eines Burschen beim Mädchen durch Aufstreuen von Sägespänen ans
Tageslicht. Insofern bilden die Dorfburschen eine Art Sittenpolizei, die sich in manchen
Thälern, z. B. Ulten, wo die sogenannten Nachtraupen ihr Unwesen treiben, zu einer
förmlichen Vehme, ähnlich dem Haberfeldtreiben in Baiern, ausgebildet hat.
Das Hauptmoment im Leben des Dorfbnrschen bildet natürlich das Verhältniß zum
anderen Geschlecht. Wauu der erste Flaum ober der Lippe sproßt, spuken ihm die sauberen
Dirndeln schon gewaltig im Kopfe herum. Vorderhand zwar, so lange das Herz noch frei
ist, erstreckt sich das Interesse auf alle, welche ein paar rothe Wangen und glänzende
Augen habe«, und macht sich vorzüglich im Necken und Trutzeu kund, das beim abendlichen
Heimgarten, beim sonntäglichen Kirchgang, auf dem Tanzplatz und bei sonstigen ähnlichen
Gelegenheiten Stoff genug zum Lachen und Schäkern gibt. Ernster wird die Sache
schon beim nächtlichen „Gasslgehen" und „Fensterlen". Diese Sitte mit all den dabei
vorkommenden Abenteuern, Schwänken, tollen Streichen und den nicht selten folgenden
Eisersuchts- uud Rachescenen bildet die Einleitung zum bedeutendsten Abschnitt iin Herzens-
roman jedes Burschen, wie tausend Lieder und Schnaderhüpfeln beweisen. Beim Gafsel-
gcheu sind fast immer mehrere Burschen, vou denen der beste „Sprecher" erst das Mädchen
durch ein eigenthümliches „Schnaggeln" mit der Zunge weckt, worauf zwischen beiden
der Reimstreit beginnt. Diese „Gasselreime" sind ähnlich den Hochzeitssprüchen voll
derben Humors und werden natürlich nach Gutdüukeu verkürzt oder verlängert. Mancher
Bursche hat eiu bewunderungswerthes Geschick in dieser Stegreifdichtung uud setzt die
Scherzreime oft halbe Stunden lang fort, während ihm oben das gefeierte Mädchen und
uuten seine Kameraden zuhören. Zum Schluß schlieft ersteres in Jacke und Kittel und
reicht Schnaps und Brot dem Burschen durchs Fenster heraus, der sich nun mit seinen
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Tirol und Vorarlberg, Volume 13
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Tirol und Vorarlberg
- Volume
- 13
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1893
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.12 x 23.1 cm
- Pages
- 624
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch