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seineu Gästen mit Vielem und Gutem aufzuwarten. Was an Fleisch und Mehlspeisen nicht
gegessen wird, kommt als „Bescheidessen" auf einem Extrateller für jeden Einzelnen auf
die Seite, der es dann mit sich nach Hause nimmt. Wenn die eigentliche Nationalspeise,
Knödel mit Sauerkraut, ausgetragen wird, so erdröhnen draußen die Pöller und geben
das Zeichen zu einem inhaltsschweren Moment. Die Brautmutter „gluft" uämlich der
Braut das Krauzel ab und heftet es dem Bräutigam, der ebenfalls seinen Armkranz weg
nimmt, auf den Hut.
Nach dem Hochzeitsmahl beginnt der Tanz. Die Musikanten setzen ihre Jnstrnmente
an uud bald erklingt ein verlockender „Ländler" durch den Raum. Den ersten Tanz
machen nach altem Brauch Braut und Bräutigam. Dreimal drehen sie sich im Kreise,
jedesmal von einem kräftigen „Tusch" begleitet. Nun folgen die anderen Paare und gleich
einem entfesselten Strome bricht nun die volle Jugendlust durch. Während das Tanzgewühl
am ärgsten ist, schleichen sich einige Burschen zur Braut und entführen sie so schnell als
möglich in ein anderes Wirthshaus, wo sie auf Kosten des Brautführers, der auf die
Braut zu wenig achtgegeben hat, zechen. Das ist das sogenannte „Brautstehlen". Bald aber
merkt jener den ihm gespielten Possen, macht sich auf und bringt die Entführte unter
Jauchzen wieder ins alte Gasthaus zurück, wo nun das Tanzen, Schinausen und Trinken
mit erneuerter Kraft fortgesetzt wird. Wenn das Fest sich allmälig dem Ende zuneigt,
erhascht der Hochzeitslader einen passenden Moment, erhebt sich und spricht den „Hoch-
zeitsdank" : „Das Hochzeitfest ist nun zu End' gebracht, die Uhr zeigt wirklich schon die
Stund' der Nacht, darum mein Bräutigam muß ich auf dieser Seiten bei deiner liebsten
Braut dir einen'Sitz bereiten n. s. f." Die weiteren Verse enthalten weise Lehren, sowie
Glück- und Segenswünsche und schließen mit dem Trinkspruch: „Vivat sollen leben die
Brautleute, vivat sollen lebeu die Zeugen, dann die Brautmutter, die Kranzeljnngsern,
die Junggesellen zc." Draußen krachen wieder die Pöller, je öfter es knallt und pufft, desto
besser ist es. Nun geht es an ein nicht enden wollendes Anstoßen und Gratuliren. Die
Frail Wirthin aber bringt der Braut ein süßes Backwerk, auf dem oben eine zierliche
Wiege aus Lebkuchen mit einem Kindlein drin prangt. Zu noch größerem Spaße erscheinen
noch drei Masken, die eine Kindspfanne, einen Musbesen und eine Klapper tragen und
die bedeutungsvollen Sinnbilder der erröthenden Braut übergeben. Sie muß dafür mit
allen dreien einen Tanz machen.
Unterdessen ist es Abend geworden oder schon dunkle Nacht und der Bräutigam
schickt sich zum Heimgehen an. Meistens wird er von allen Gästen unter Vorantritt der
Spielleute begleitet, die jedoch meist wieder ins Wirthshaus zurückkehren und hier den
Kehraus tanzen. Ist die Heimat der Neuvermählte» weiter eutferut, so fahren sie unter
Musik, Jauchzen und Schnalzen davon. An manchen Orten geht es nach dem officiellen
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Tirol und Vorarlberg, Volume 13
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Tirol und Vorarlberg
- Volume
- 13
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1893
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.12 x 23.1 cm
- Pages
- 624
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch