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wieder zusammen, fassen sich eng, die heißen Wangen aneinander gelehnt, bis ein kecker
Schwung sie wieder ins Gewühl der Paare reißt.
Äft (dann) dreht sich das Dirndl,
Äft dreht sich der Bua,
Äft nimmt er's beim Miederl
Und jnchezt dazna.
Berühmt ist besonders der Zeller Kirchtag wegen seiner tollen Lustigkeit, der beim erreg-
baren Temperament der Zillerthaler häufig am Eude des Tanzes in eine kleine Rauferei
ausläuft.
Das sind im Großen und Ganzen die Hauptbelustigungen der Tiroler Bauern.
Daneben entbehrt aber das Bauernleben nicht noch anderer Vergnügen, welche für die
schwere Feldarbeit entschädigen. Dahin gehört in erster Linie das „Schießen". Der
Tiroler ist ein geborener Schütze. Schlendert man an einem Sonntag „übers Land", so
hört man es von allen Dörfern her lustig pölleru und knallen. Auf den Schießständen,
deren fast jedes Dorf einen besitzt, herrscht ungezwungene Fröhlichkeit uud die heitere
Seite der Tirolernatur, die sich oft hinter mißtrauischer Scheu verbirgt, kommt hier mit
aller Macht zum Ausbruch.
Am feierlichsten gestaltet sich das Schützenleben an den sogenannten Kaiserschießen,
besonders wie sie früher abgehalten wurden. Dazu kommen aus den hiutersteu Gebirgs-
winkeln die „Thölderer" (Thalbewohner) herausgewandert, den sichern Stutzen auf der
Achsel, um sich die ducatengeschmückten Seidenfahnen zu holen. Straßen auf, Straßen ab
von früh bis spät wogt das festliche Gedränge der Schützen, bis sie alle am Hauptfesttag
der feierliche „Schützenaufzug" vereint. Man muß einen solchen Aufzug mitgemacht haben,
um sich ein Bild von dem Leben zu vergegenwärtigen,' das sich da entrollt. Die Blüte
des Landes, vertreten durch Söhne aller Thäler — ein Volk in Waffen — zieht in
der malerischen Tracht unter Trommel- und Schwögelklang, die meisten von eigener
schmetternder Blechmusik begleitet, mit flatternden Fahnen, Stutzen schwingend uud
ununterbrochen jodelnd und janchzend, durch die festlich geschmückte Stadt. So war es in
den Huldigungsjahren 1816 und 1838, so im Jahre 1853 beim großen Schießen zur
Errettung des Kaisers aus Mörderhand, so 1856 bei der Ankunft des Erzherzogs Karl
Ludwig als Statthalter von Tirol, endlich am großartigsten im Jahre 1863, als Tirol
seine fünfhundertjährige Vereinigung mit Österreich feierte, als das ganze Land seinem
Kaiser begeistert zujubelte und den Schwur der Treue erneuerte, ein Fest, das einzig in
seiner Art wie noch nie das Schützenleben und tirolische Volksthum zum Ausdruck brachte.
Mit der neuen Regelung des tirolischen Schützenwesens, wobei mehr der ernste Zweck der
Wehrfähigkeit des Volkes in den Vordergrund gestellt wurde, ist ein gut Stück Poesie, die
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Tirol und Vorarlberg, Volume 13
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Tirol und Vorarlberg
- Volume
- 13
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1893
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.12 x 23.1 cm
- Pages
- 624
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch