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Hierzu zeigt sich seit dem letzten österreichischen Bundesschießen im Jahre 1885, das
vielleicht zum letzten Male das ganze Volk in Nationalkostümen vorführte, ein löbliches,
durch den Eifer wackerer Männer unterstütztes Bestreben.
Zum Schluß sei noch des originellen Anzuges der etschländischen „Sal tner" oder
Weinhüter Erwähnung gethan, obwohl derselbe streng genommen nicht zu den Trachten
gehört. Die breite Brust umhüllt ein rothes oder grünes Wamms mit breiten ledernen
Hosenträgern, darüber hängt lose die lederne schwarze Joppe ohne Kragen. Dünne
Lederriemeu verbinden dieselbe mit den Vorderärmeln, so daß das grobleinene Hemd
nach spanischer Mode dazwischen bauschig hervorschaut. Die Mitte des Leibes umgürtet
die breite schwarzlederne Bauchbinde. Dazu kommen kurze Lederhoseu uud weiße Strümpfe
mit kurzen ledernen Gamaschen. Quer aus dein Kopfe prangt das Ungethüm von einem
Hut in der Form eines sogenannten Wolkenkliebers oder Krapfenhutes, dreispitzig und
aus schwarzem Filz. Von der ursprünglichen Gestalt desselben ist indeß wenig zu sehen,
denn ihn bedeckt ein ganzer Wald von Hahnen-, Hennen- nnd Pfauenfedern; zum Über-
fluß hängen noch Fuchs- und Eichhornschwänze über die Krempe. Auch die Joppe ist vorne
mit zahlreichen Pfeifchen von Schweinzähnen verziert, die an gelben Drahtkettchen
baumeln. In der Hand aber trägt der Saltner als Zeichen des Hüteramtes eine lange
Hellebarde. In neuerer Zeit hat sich diese Tracht etwas vereinfacht, ist aber immer noch
abenteuerlich genug, so daß man einen entsprungenen Indianerhäuptling zu erblicken glaubt,
wenn die Gestalt eines solchen Weinhüters aus dem Halbdunkel der grünen Rebgänge
plötzlich auftaucht.
Sage. Der Sagenreichthum Tirols ist ebenso groß als mannigfaltig, klebt ja fast
an jeder Felswand oder altem Gemäuer eine anregende Überlieferung, wie anderseits
Luft, Erde und Wasser, Wald und Wiese, Alpe und Haus von geheimnißvollen Wesen
belebt sind. Viele tragen mythologischen Hintergrund. Dahin gehören die Sagen von der
wilden Jagd, vom Wetterheiligen Oswald auf dem Jsiuger, unter dessen Verhüllung
ebenso wie beim Schimmelreiter die Gestalt des Göttervaters Wodan durchschimmert.
Auf den Donnergott Donar beziehen sich die Sagen von der verzehrten Kuh uud geschlach-
teten Gemse, welchen Thieren das Fleisch wieder nachwächst. Diese Göttergestalt kehrt
auch in vielen Teufelssagen wieder, vor Allem aber in der tirolischen Riesensage, welche
wohl in keinem Lande so viele auf Donar weisende Züge enthält. Es sei hier nur beispiels-
halber an den Riesen Haimo von Wilten erinnert oder an die Riesenbrüder von Galzein,
von denen einer wie weiland Donar den Steinbruuueu von Wiesing gleich einem Schässchen
zum Trinken an den Mund setzte. Auch viele der weitverbreiteten Wildemaunsagen berühren
sich mit dem Donnergott. Ebenso sind die Göttinnen Hulda und Nerthus in der mythischen
Sage vertreten, letztere in der Sage vom silbernen Wagen im Zireiner See, erstere in der
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Tirol und Vorarlberg, Volume 13
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Tirol und Vorarlberg
- Volume
- 13
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1893
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.12 x 23.1 cm
- Pages
- 624
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch