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sonst schwachen Verben: sieg sagte, miech machte, schied schadete und ähnlich. Merkwürdig
sagt man in mehreren Gegenden statt: „er fängt an grob zu werden" er wird grob änfängen
oder geat anfocha fängt an gehen. Für Mädchen und Bub gibt es in verschiedenen
Gegenden verschiedene Ausdrücke: gitsche, gitschile, diarn, diarnle, jändle, schmölge,
menschin, fel, fechl, föle, socha, pfott und dergleichen, bne, näpf, lotter, lontter, loda,
löttall, kund, gsöll, zoch, zöchl, knvche und ähuliche. Die älteste Tochter heißt in einer
Gegend 's Kind, auch wen» sie schon verheiratet ist und selbst Kinder hat.
Von Zirl hinauf beginnt die schwäbische Mundart, die im Süden bis gegen Meran
reicht und schon im obersten Theile des Lechthals und im hintersten Paznannthal auf
alamaunisches Sprachgebiet stoßt. Schwaben und Alamannen sind jedoch nicht als ver-
schiedene Stämme zu betrachten, wenn auch die beiden Dialeete gewisse Verschiedenheiten
namentlich im Vocalismus ausweisen. Schwäbisch ist eigentlich nur ein entwickelteres
Alamannisch. Das Schwäbische steht dem Baierischen in vieler Beziehung näher, z. B. darin,
daß beide Dialeete au Stelle der alte» Vocale i, ü, iu jetzt ei, au uud eu haben, allerdings
mit verschiedengefärbter Aussprache. Die alamannischen Mundarten Vorarlbergs theilt
man in folgende Gruppen ein: 1. Die Walsermundart mit durchaus schweizerischem
Gepräge. 2. Die Bregenzerwälder Mnndart und zwar die des inneren (Hinteren) und
äußeren (vorderen) Waldes. 3. Die Unterländer Mundart bis Ems. 4. Die Oberländer
Mundart und zwar a) die Rankweil-Feldkircher Mundart oder die des vorderen Walgaus
vou Ems bis zn den Klausen bei Feldkirch und Sateins, d) die Mundarten des innereil
Walgaus, e) die Moutavouer Muudart mit ziemlich vielen Romanismen. Mit dieser nächst-
verwandt ist die Mnndart des Klosterthals. Dazu kommt noch die alamannische Mund-
art in Galtür im tiefen Hintergrund des Pazuauuer Thals, das ein Seitenthal des
Oberinnthals ist. Hauptmerkmal der alamaunischeu Mundarten: Altes ü, i, ü (iu) ist
in der Wurzelsilbe bewahrt, z. B. hüs Haus, Schwizer Schweizer, hüte heute.
Noch ein paar Worte über die deutschen Sprachinseln in Südtirol. Deutsch wird
südlich vom Brentathal heute nur mehr gesprochen im Dorfe Lusaru (Luserua), während
in St. Sebastian kaum noch Spuren vom Deutschthum vorhanden sind. Nördlich vom
Brentabecken ist es namentlich das obere Fersenthal, wo die sogenannten Mocheni (etwa
1.300 an der Zahl) noch deutsch reden. Ganz deutsch sind nur die Dörfer Falise (Falesiua
mit ungefähr 130) und Palei (Palü mit ungefähr 450 Einwohnern). Gemischt sind Walznrg
(Vignola), Gereut (Frassilougo), Aichlait (Roveda), Außerberg (Francesco) und Mitter-
berg-Jnnerberg (St. Felix) mit zusammen 700 Deutschen gegenüber 1.000 Italienern.
Da die Lnserner und Mochener statt sagt küt gebrauchen, heißt man sie auch Küter.
Diese Dialeete sind ein durch das Italienische stark beeinflußtes Baierisch, nur das
Lusernische hat viele Aukläuge an das Schwäbisch-Alamannische.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Tirol und Vorarlberg, Volume 13
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Tirol und Vorarlberg
- Volume
- 13
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1893
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.12 x 23.1 cm
- Pages
- 624
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch