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und Heiden »ad eeelesiam", das ist wohl bei oder in der Kirche des heiligen Stephan,
und gab auch ein Buch her (äimisit librum), in welchem alle seine Thaten verzeichnet
waren. Allen neuerbauten Kirchen wurden von den sieben Bischösen reichliche Ablässe
verliehen. Eine ähnliche Inschrift befindet sich auch in einer Wallfahrtskirche S. Giovanni
bei Lovöre am Jseo-See. Welchen geschichtlichen Werth die Sage hat, muß dahingestellt
bleiben.
Ober Campiglio am Monte Spinale findet sich zwischen hohen Felsen eine stille
grüne Bucht, welche in auffälliger Weise „der Garten der Königin" (l'oitv äslla rexina)
heißt. Die Volkssage weiß aber darüber nichts weiter, als daß einmal eine von ihren
Feinden verfolgte Königin mit ihren Kriegern dort eine Zuflucht gesucht und gefunden habe.
In Ampezzo findet sich eine Kirche der ^laäonna äeila äilesa, welche auch einem
ortsgeschichtlichen Ereigniß ihren Ursprung verdankt. In alter Zeit drang einmal eine
Schar von Barbaren hier ein, um zu rauben und zu morden. Die Ampezzaner, zu schwach
an Zahl, um Widerstand zu leisten, riefen in ihrer Noth die Gottesmutter an und gelobten
ihr eine Kirche zu erbauen. Da senkte sich dichter Nebel auf die Feinde herab und sie
rieben sich iu gegenseitigem Kampfe selbst auf. Es geschah noch ein weiteres Wunder: am
folgenden Morgen war der Platz und der Umsaug der zu erbauenden Kirche durch neu
gefallenen Schnee bezeichnet.
Bemerkenswerth ist eine Drachensage. In einer Felsenhöhle bei Mezzotedesco, rechts
am Eingang in den Nonsberg, soll einmal ein furchtbarer Drache gehaust haben, von
welchem, wenn er über das Land flog, verheerendes Feuer niederfiel. Ein Ritter von
Firmian machte sich auf, erlauerte den Drachen vor seiner Höhle und erlegte ihn durch
List und Tapferkeit. Als er aber, das Uuthier auf feinem Speer über sich tragend, heim-
kehrte, träufelte Drachenblut auf ihn nieder, drang durch die Fugen des Harnisches und
brachte ihm qualvollen Tod. Ist diese Sage nicht ein Nachklang der altdeutschen Helden-
sage? Im Liede von Ortnit, dem König von Lamparten, bringt aus feindliches Anstiften
ein Jäger Dracheneier
„in eine Felsenwand
Oberhalb von Trient, wo sich Gebirge fand",
worauf die Drachen Alles verheerend heranwachsen. Ortnit zieht aus, dieselben zu
bekämpfen, wird aber müde vom „Wurm" überrascht und zu dessen Jungen in den Berg
getragen, wo ihm dieselben „durch das geschmiedete Werk" das Blut aussaugen, so daß
er „mit Jammer seinen Leib verlieren muß". Eiue halbwegs ähuliche Sage gibt es auch iu
Rendena, wo in einer Felsenhöhle ebenfalls ein furchtbarer Drache gehaust haben soll.
Als er, wie der „Wurm" in der Sage von Wolfdietrich, der Ortnits Tod rächte, auf eiuer
Platte vor der Höhle lag, erlegte ihn ein kühner Jäger, aber in moderner Weise durch
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Tirol und Vorarlberg, Volume 13
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Tirol und Vorarlberg
- Volume
- 13
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1893
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.12 x 23.1 cm
- Pages
- 624
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch