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Es wäre zu hart, wie es oft geschieht, geradezu von Schmutz uud Uurath zu sprechen,
aber doch sieht Alles so aus, als ob da auch langes Waschen uicht viel bessern
möchte. Dieses Aussehen der Wohnungen ist eben unvermeidlich, wenn die Wohn- und
Wirthschaftsgebäude nicht getrennt sind. Es gibt auch einzeln stehende Coloneuhäuser,
welche von außen mit gleich großen, regelmäßig vertheilten Fenstern recht artig aussehen,
aber auch in diesen sind ebenerdig Ställe, Schupfen und andere Belegräume, nur in
der Mitte Wohnräume, zu oberst luftige bis au das Dach reichende Hallen, welche als
Speicher oder zu audereu Wirthschaftszwecken dienen. Man findet auch manchmal im
Besitz wohlhabender Familien Häuser, welche sich schon den eigentlichen Herrenhäusern
nähern, mit großen Vorsälen, in denen Gemälde und Bilder hängen und alte, schön
gearbeitete Kasten stehen, mit geräumigen Zimmern, Kammern und Küchen, aber die
Böden sind mit Steinplatten oder abgeriebenen Ziegeln belegt, die Fenster schließen
schlecht, die Öfen, so weit sie vorhanden sind, wollen nicht recht hineinpassen. Den
Beschauer überkommt das Gefühl, es müsse doch einmal auch hier besser und wohnlicher
ausgesehen haben.
Dem entspricht beiläufig auch die Anlage der Ortschaften. Bei den Ladinern stehen
die Häuser nach deutscher Art meist getrennt mit Garten und Anger, bei den Wälschtirolern
bilden sie meist zusammenhängende Reihen, Gassen und Gäßchen. Inwieweit dies schon
ursprüngliche Anlage oder ein Ergebniß des späteren Anwachsens der Ortschaften und der
Bevölkerung ist, läßt sich nicht so leicht ausmachen. Daß es iu alter Zeit Ortsaulagen im
Sinn des römischen vieus gegeben habe, wollen die Namen Vigo und Vigolo, die an
mehr als ein Dutzend von Ortschaften und Ortstheilen haften, redend erweisen. Aber
wahrscheinlich dürfte es auch — namentlich auf den Bergen und in den Thälern bei
Rovereto — Fälle genug gegeben haben, daß ursprünglich einzeln und frei näher an
einander stehende Bauernhöfe beim Anwachsen der Bevölkerung zuerst getheilt, dann
aber durch An- und Zubauten allmälig erweitert wurden, bis sie förmlich zusammen-
wuchsen und krumme Gassen voll Winkel und Ecken ein und aus bildeten. So gemein-
schaftlich und enge zusammenwohnend mochten sich die Leute im Mittelalter, wo über-
müthige Dynasten oft genug ihre Mordgesellen aussendeten oder sich gegenseitig mit
Feuer und Schwert befehdeten, auch gegen Überfälle und Angriffe besser gesichert
fühlen. Heute wäre es gut, wenn manche solche Hänsergewirre sich wieder etwas
auseinanderschieben ließen. Langsam besorgen dieses Geschäft, freilich in trauriger Weise,
die Feuersbrünste, welche manchmal in einer Nacht ein ganzes Dörflein bis auf die
nackten Mauern in Asche legen. Wenn sie aus dem Schutt wiedererstehen, sehen die Häuser
doch aus, als wäreu sie etwas auseinandergeschoben und in bessere Ordnung gebracht
worden.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Tirol und Vorarlberg, Volume 13
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Tirol und Vorarlberg
- Volume
- 13
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1893
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.12 x 23.1 cm
- Pages
- 624
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch