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Stallein, Hacken oder italienisch Filetti genannt, belegt, auf welche die Tragruthen des
mindestens bis zum Fuße der Dachlaube, bis zur unteren Cantinelle gezogenen Reb-
stammes aufgelegt uud angebunden werden. Es ist eine Lust, im Herbste unter das mit
grünem Laube bedeckte Pergelblatt zu schauen, von welchem dann in fruchtbaren Jahren
Traube an Traube herabhängt. Trotz Allem, was vielfach gegen diese Art der Reb-
erziehung eingewendet wurde, hat sie sich bisher nicht nur behauptet, sondern auch
weiter, namentlich im Gebiete von Trient verbreitet, wo man statt derselben vielfach noch
die sogenannte Scarozziziehnng vorfindet. Bei dieser werden die Reben an hohen Pfählen,
größtentheils in den Boden gesteckten und sich darin mitunter längere. Zeit grünend
erhaltenden Weidenstecklingen, gezogen. Die Tragruthen der mehr oder weniger hoch
gezogenen Rebstämme werden dann unregelmäßig, doch so, daß sie sich möglichst gleich-
förmig über die aufrechte Wand vertheilen, in Halbbogen an die Pfähle gebunden. Indeß
werden bei sorgfältiger Cultur die Scarozzi durch die Dachlauben immer mehr verdrängt,
namentlich seit die Herstellung der letzteren durch die Einführung des Eisendrahtes, der
an Stelle der Filetti über das Pergelblatt gespannt wird, weniger kostspielig geworden
ist. Für die Massencultur, die in Tirol herrschend ist, sowie für die heimischen, einen langen
Schnitt verlangenden Rebsorten ist die Dachlaube in der That ganz vorzüglich geeignet,
die Trauben reifen an derselben ebensogut wie in niederer Cultur und faulen weniger leicht.
Vor Allem aber verlangt die Pergelcnltnr im Sommer weniger Handarbeit als die zum
Beispiel in Niederösterreich und am Rhein übliche niedere Rahmen- oder Pfahlcultur.
In der Thalebene kommt noch dazu, daß eine höhere Ziehungsart auch mit Rücksicht auf
Frühjahrsfröste geboten ist.
Nur vereinzelt und in geringer Ausdehnung finden wir bei Cultur fremder, nach
Tirol eingeführter, rheinischer nnd französischer Rebsorten zur Erzeugung feinerer Weine
andere Arten der Reberziehung im Etschthal vor. In den höher gelegenen Seitenthälern,
wie zum Beispiel im Nonsthal, dem Valsngana, wie auch in der Gegend von Brixen
ist die niedere Ziehung der Rebe dagegen die geradezu herrschende und unter den dortigen
weniger günstigen klimatischen Verhältnissen, wo die Bodenwärme für die Reife der
Trauben in höherem Grade in Betracht kommt, auch die besser entsprechende. Gegen die
Landesgrenze, gegen Süden, gegen Italien zu wird die Erziehungsart der Rebe hinwieder
eine immer höhere uud geht nach und nach in die norditalienische Guirlandencultur über,
wo die Rebe sich auch heute noch „mit den Ulmen vermählt" und die Fruchtruthen derselben
sich von Baum zu Baum miteinander verknüpfen.
Die Bearbeitung der Weingärten, welche vielfach auch durch Gespann erfolgt, die
Düngung derselben, sowie die ganze Behandlung der Pflanzen ist im Etschthal zumeist
eine außerordentlich sorgfältige, ja in manchen Gegenden geradezu musterhafte.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Tirol und Vorarlberg, Volume 13
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Tirol und Vorarlberg
- Volume
- 13
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1893
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.12 x 23.1 cm
- Pages
- 624
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch