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die Landschaft des Erzgebirgerückens an jene des südlichen Schweden, wenn man von den
vielen Seen und erratischen Gebilden absieht, die hier zu Hause sind. Trotz seiner Rauheit
ist das Klima des Erzgebirges gesund, wie die geringe Sterblichkeit nnter den dürftigen
Einwohnern beweist.
Den Körper des Erzgebirges setzen krystallinische Schiefer zusammen. Von Osten
nach Westen folgen auf die älteren, weiter verbreiteten Gneiße Glimmerschiefer und
Urthouschiefer. Zwei mächtige Züge von krystallinischen Massengesteinen, der Porphyr
zwischen Granpen und Niklasberg uud der Neudeker Grauitstock durchschneiden das
Streichen des Gebirges, wie ein paar kunstgerecht eingefügte Strebemaueru das ganze
Massiv zu stützen. Andere Gesteine, die noch vorkommen, spielen keine wesentliche Rolle,
mit Ausnahme des Quadersandsteins, der sich von Osten her noch ein Stück über die
Gneiße hinschiebt. Die alten krystallinischen Schiefer sind die Heimstätten von mannig-
fachen Erzen, Silber, Nickel, Kobalt, Uran, Kupfer, Eisen, Zinn, Blei n. f. w.,
welche darin in Gängen, Stöcken und Lagern vertheilt dem Gebirge nicht nur zu seinem
Namen, sondern auch zu seiner Bevölkerung verholfen haben. Leider lohnt sich die
Ausbeutung der Erzlager uicht mehr wie früher, viele derselben sind erschöpft, so daß
der einst hier so lebhaft betriebene Bergbau fast ganz erloschen ist.
Eigenthümlich siud die auf dem Kamme des Erzgebirges ausgebreiteten weiten M vor-
strecken. Sie halten wie Schwämme die Niederschlagwässer zurück, geben nur allmälig deu
Überschuß davon ab und bilden so die Wasserbehälter der Bäche und Flüsse des Erzgebirges.
Auch zur günstigsten Vegetationszeit haben diese mit Haide- und Sumpfpflanzen und den
blaugrünen Büschen der Sumpfkiefer bewachsenen Strecken ein trauriges Aussehen. Aber
der Torf, der hier entsteht, ist für den armen Erzgebirgebewohner ein großer Schatz.
Besiedelt ist das Erzgebirge bis auf seinen Rücken und Ortschaften sind über das
ganze Gebirge verbreitet. Gottesgab, die höchskgelegene Stadt Mitteleuropas, liegt auf
1028 Meter Seehöhe. Die Bergstädte sind nach zwei Typen gebaut, entweder reihen sich
ihre Häuser läugshiu zu beide» Seiten eines Thalgrundes, wie Jvachimsthal und Graupen,
oder sie siud nach einem regelmäßigen Plan angelegt; die Häuser uiusäumeu eiueu großen
viereckigen Marktplatz, an dessen Ecken die Straßen einmünden. Die Dorfschaften ver-
rathen in ihrer Anlage den Hang des Gebirglers zur Freiheit; Häuser und Gehöfte liegen
einzeln, ringsum frei, oft über weite Flächen ganz regellos verstreut.
Eine Eigenthümlichkeit, die sich aus der Zeit des einst regen Bergbaues iu der Nähe
erzgebirgischer Niederlassungen erhalten hat, sind die oft mächtigen Haldenzüge und zu
Bruche gegangenen Bergwerke, Pingen genannt. Namentlich in den Gegenden, wo Zinn-
erze gewonnen wurden, sind diese Brüche von bedeutender Ausdehnung und unheimlicher
Großartigkeit.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (1), Volume 14
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Böhmen (1)
- Volume
- 14
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1894
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.78 x 21.93 cm
- Pages
- 634
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch