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Gradiste, Gorodyszcze, Grodzisko" stammt von Hrad, Grad (Burg) und dieser häugt
zusammen mit ,kraäiti-, das heißt verschanzen, umfrieden. Dieselben besitzen oft eine sehr
große Ausdehnung (Stradonitz) und waren entweder verschanzte Ansiedlnngen oder bloß
Zufluchtsstätten für die Zeit der Gefahr. Man findet sie auf isolirten Bergen, in der Ebene,
meist aber au dem Zusammenfluß zweier Gewässer oder an Flußschlingen. Solche an
isolirten Stellen befindliche Stätten sind von einem oder drei bis vier, mitnnter jetzt noch
mehrere Meter hohen Wällen ringsherum umgeben; da, wo ein steiler Abfall einen
natürlichen Schutz bietet, sind die Wälle nur gegen die leichter zugänglichen Seiten
aufgeführt. Die Wälle sind häufig durch Gräben getrennt nnd bestehen entweder aus
Stein oder aus Lehm oder aus beiden; der Lehm ist mitunter stellenweise gebrannt.
Manche aus Stein und Sand aufgeführten Wälle sind durch Feuer verschlackt, es sind
dies die sogenannten Glasburgen (speeene vah-), wie solche auch anderwärts vorkommen.
Die aufgeschütteten Lagen von Stein und Sand sind oft mehrmals nacheinander durch
künstliches Kohlenfeuer verschlackt worden, wodurch der Wall an Festigkeit gewann.
Solche verschlackte Wälle kommen vor an der kawvickä koia und am Hradiste bei
Strakonitz, am Vladar, bei Bnkovec, am Hradiste von Hostim, am Hrad von Litoradlitz,
am Hradec bei Domanitz, am Burgberg bei Kaadeu, u. s. w.
Die Errichtung der ältesten Wallburgen reicht in die erste Metallzeit zurück, wo sie
häufig auf neolithifcheu Aufiedluugen aufgeführt wurden; manche waren dann noch zu
Beginn der historischen Zeit besiedelt, wie dies die in den obersten Schichten der aller-
meisten derselben gefundenen Thongefäße mit Wellenornament (Burgwalltypus) darthun.
Es scheint, daß die Anlage sehr vieler solcher Wallbauten in die Zeit der mitteleuropäischen
Unruhen und Wanderungen fällt, in welcher das Bedürfniß nach großen Verschanzuugen
gewiß gestiegen ist. Nachdem dann wieder eine gewisse Ruhe eingetreten, ist dieses
Bedürfniß verschwunden, es entstanden dafür, besonders zur Zeit der Premysliden, zahl-
reiche kleinere Burgen „Hradec (Gradec — Gratzen), Hrädek", ferner „Tyn, Tynec,
Tyniste" (Tein, Teinitz) das mit ,tMiti«, das heißt umzäunen, zusammenhängt, sowie
„Dvör" (Hof) und „Tvrz" (Beste). Es siud das meist selbständige Wohnsitze, welche sich
die Vornehmen des Landes (?emane) zu ihrem eigenen Gebrauch gebaut haben. Einzelne
derselben besaßen eine umfriedete Vorburg (poäkraäi); so heißt heute noch das unter der
Schwarzenberg'schen Burg Frauenberg (kZIubokä) gelegene Städtchen „Podhrad"; andere
solche Burgen sind: Budec, Levy Hradec, Zeruosek, Libitz u. s. w. Es sind aber auch in
dieser Zeit noch kleinere, für einen Gau bestimmte gemeinschaftliche Refngien auf Anhöhen
errichtet worden, von denen einzelne, wie dies der Mangel an Fnnden darthut, nie in die
Lage kamen, benützt zu werden; ihre Zahl ist nicht unbedeutend; auch zu Cultuszwecken
dienende Haine (IiH) wurden oft umfriedet. Die kleinsten dieser Befestigungen, die sich bei
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (1), Volume 14
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Böhmen (1)
- Volume
- 14
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1894
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.78 x 21.93 cm
- Pages
- 634
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch