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alten Verkehrswegen und an Flüssen befinden, beispielsweise die Baba bei Frauenberg,
sind als Warten (strüö) anzusehen. Von mehreren der besprochenen bewohnten Wallburgen
haben sich Nachrichten bis in die historische Zeit erhalten, so von Libnsin, Bndee, Libitz,
Drevie, Levy Hradee u. s. w. Es ist bezeichnend, daß sich für die allermeisten der
besprochenen befestigten Plätze, die ältesten inbegriffen, die gemeinschaftliche Bezeichnung
„Hradiste, Hrad, Hradee" u. s. w. bis auf den heutigen Tag erhalten hat, obwohl das
Volk längst keine Ahnung mehr besitzt von der Bedeutung dieser Namen und dieser Stätten.
Bevölkerung. Was die ethnographische Seite der Vorgeschichte Böhmens anbelangt,
so lassen uns zunächst die krauiologischeu Untersuchungen, so wichtig dieselben anch in
anderer Beziehung sind, im Stich. Wir faudeu schon während der neolithischen Zeit vor-
wiegend neben Laugschädelu auch an Kurzschädel greuzeude Mittelschädel; die wenigen
Schädelreste der Brouze- und der Hallstatter Zeit siud ebenfalls noch vorwiegend Lang-
schädel, über welche in der I^a, lene-Zeit bereits die Mittel- und Kurzschädel vorherrschen.
Hierauf nimmt neben den Mittelschädeln die Zahl der Kurzschädel beständig zn, so daß
bis zum XII. Jahrhundert nnr mehr 20 Procent der untersuchten Schädel Langschädel
sind. Das Vorwiegen der Kurzschädel nimmt dann, ohne daß eine Einwanderung
von Kurzschädeln stattgefunden hätte, bis auf den heutigen Tag beständig zu. Einer
ähnlichen Erscheinung begegnen wir auch in anderen Ländern. Es erübrigt uns in dieser
Beziehung uur die Zuflucht zu geschichtlichen Nachrichten, und diese sind für die
Vorgeschichte des Laudes nicht nur sehr dürftig und vielfach noch strittig, sondern auch
sagenhaft. Als die ältesten Bewohner des Landes bezeichnen uns geschichtliche Nachrichten
die Bojer, nach denen das Land den deutschen Namen „Böhmen" erhalten hat und deren
Einwanderung um das Jahr 400 v. Chr. angenommen werden kann. Nach den
Bojern werden die Markomannen und Qnaden genannt. Demnach müßten wir in
Böhmen den Bojern die Fnnde der Früh-I^u lene-Zeit und den Markomannen jene der
Spät-I.a lene-Zeit zuschreiben. Über die Bevölkernng der Hallstatter- und der Bronze-
zeit, sowie über jene der neolithischen Zeit, welch letztere häufig den Ariern zugewiesen
wird, wissen wir ethnographisch nichts Positives.
So unentschieden auch viele wichtige Fragen der prähistorischen Forschung heute
noch sind, um so regsamer ist auch in Böhmen das Bestreben, zur Lösuug derselben
beizutragen, und zwar zunächst durch eine umfangreiche Aufdeckung und eine möglichst
detaillirte Beschreibung der prähistorischen Fundstätten, an denen das Land so reich ist.
So ist die Zahl der einschlägigen Publikationen, welche seit dem Abschluß des vorstehenden
Abschnittes erschienen sind, von denen einzelne neue Gesichtspunkte zur Beurtheilung
problematischer Fragen lieferten, keine unbedeutende. An der Spitze dieser Bestrebungen
steht die archäologische Seetiou der Museums-Gesellschaft für das Königreich Böhmen
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (1), Volume 14
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Böhmen (1)
- Volume
- 14
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1894
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.78 x 21.93 cm
- Pages
- 634
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch