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Germanen trotz seiner Macht unthätig blieb. Aber gerade dies schlug zu seinem Verderben
aus. Armin trat nun offen gegen ihn als Vaterlandsverräther auf, und die ersten, welche
von Marbod abfielen, waren die mächtigen Semnonen und Longobarden. Es fruchtete
ihm wenig, daß Armins hochbetagter Onkel mit den Seinen treu bei ihm ausharrte. Nach
einer halbverloreueu Schlacht zog sich Marbod in sein Land, oder wie Armin höhnisch
sagte, in sein „hercynisches Versteck" zurück, um bei den Römern Hilfe zu suchen. Doch
die römische Unterstützung blieb ans, ja mit Wissen der Römer, die den Moment für
Marbods völlige Vernichtung gekommen sahen, erhob sich der junge Gothe Katwald im
Jahre 19 gegen ihn, brach mit großer Hecresmacht in Bojhämnm ein, brachte die Mächtigen
des Landes auf seine Seite und bemächtigte sich ohne große Mühe der Königstadt Mar-
bods sammt der anstoßenden Burg, sowie aller darin aufgehäuften Schätze. Marbod
flüchtete über den Grenzwald in das römische Noricnm und wurde nach Ravenna iuter-
nirt, wo er noch 18 Jahre verbrachte und in einem Alter von beiläufig 70 Jahren verschied.
Welchen Gegner die Römer an ihm verloren hatten, erhellt aus den Worten Tacitus':
„Nicht Philipp sei den Athenern, nicht Pyrrhns oder Antiochns den Römern so gefährlich
gewesen als Marbod, der, ein Mann von gewaltigen Anlagen und Herrscher über zahllose
Völker, das römische Reich von der nächsten Nachbarschaft aus bedrohte."
Doch auch Katwalds Herrschaft in Bojhämnm hatte keinen Bestand. Nach kaum
12jähriger Regierung wurde auch er auf Anstiften der Römer durch den Hermnnduren-
fürsten Vibilius verdrängt und mußte gleich Marbod römische Gnade ansprechen. Diese
wurde ihm in der Weise gewährt, daß man ihm die Stadt Forum Jnlii im fernen nar-
bonnifchen Gallien zum Aufenthalt anwies. Das zahlreiche Gefolge der beiden Fürsten
wurde von den Römern zwischen den Flüssen March (Marus) und Wag (Cusus) iin
Gebiete des Quadenfürften Vannins angesiedelt, wo sie noch zu Ptolemäus' Zeiten unter
dem Namen „Bämen" als ein ansehnlicher Volksstamm anzutreffen waren.
Fortan war Bojhämum dem Herinuudurenfürften Vibilius Unterthan, während
über das nachbarliche Marchland und das flovakifche Uugarn der Quadeufürst Vauuius
herrschte; beide hielten Freundschaft mit den Römern. Endlich brach auch zwischen ihnen
Zwietracht aus. und Vannins wurde ums Jahr 51 verdrängt. Wie ehedem Marbod und
Katwald mußte auch er auf römisches Gebiet flüchten und wnrde mit seinem Gefolge
in Pannonien aufgenommen. Noch um das Ende des I. Jahrhunderts war das Land
der Markomannen laut Tacitus'Zeugniß unter hermuudurifcher Herrschaft; daß sie aber
bis auf diese Zeit Könige aus dem eigenen Volke, und zwar aus Marbods edlem Geschlecht
gehabt haben sollen, ist trotz Tacitus' weiterer Behauptung unwahrscheinlich.
In der zweiten Hälfte des II. Jahrhunderts brach der bekannte markomannische
Krieg aus, indem die sämmtlichen längs der oberen und mittleren Donau ansässigen
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (1), Volume 14
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Böhmen (1)
- Volume
- 14
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1894
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.78 x 21.93 cm
- Pages
- 634
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch