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in diesem Jahre erklärte der Papst die Compactaten für ungiltig und aufgehoben
und verlangte von König Georg, er möge selbst dem Utraquismus entsagen und das
Gewicht seiner königlichen Gewalt zur Ausrottung der Ketzerei in allen seinen Ländern
gebrauchen. Und da Georg sich weigerte dies zu thun, forderte der päpstliche Legat,
welcher nach Breslau gekommen war, alle Unterthanen des Königs Georg auf, ihm den
Gehorsam aufzukündigen und sich mit den Breslauern zum Kampfe gegen den Ketzer zu
vereinigen.
Doch der Religionskrieg brach nicht sogleich aus. Zur selben Zeit gerieth nämlich
Kaiser Friedrich III. durch den Aufruhr der österreichischen Stände und der Wiener
Bürgerschaft in große Gefahr. König Georg half ihm bereitwillig und ausgiebig im
November 1462, wofür das Königreich Böhmen große Privilegien erhielt; die Söhne
Georgs wurden zu Reichsfürsten erhoben und die Prager Städte für die treue Hilfe-
leistung gegen die aufrührerischen Wiener mit bedeutenden Handelsfreiheiten bedacht. Bei
derselben Gelegenheit versprach Kaiser Friedrich III. seinen ganzen Einfluß anzuwenden,
um einen Vergleich zwischen König Georg und dem Papst zu Stande zu bringen. Dadurch
ward die Gefahr eines Religionskrieges für eine Zeit abgewendet. Als aber Papst Pins II.
starb (15. August 1464), gedachte sein Nachfolger Paul II. keinerlei Rücksichten mehr zu
üben. Nachdem er die geeigneten Maßregeln getroffen hatte, erließ er eine Vorladung
(2. August 1465) gegen König Georg, laut deren dieser binnen 180 Tagen sich vor dem
päpstlichen Stuhle stellen und von dem Vorwurf der Ketzerei rechtfertigen sollte. Den
vierten Tag darauf bevollmächtigte der Papst seinen Legaten Rudolf, alle Verbündeten
Georgs mit den schärfsten Strafen zu verfolgen und alle mit ihm eingegangenen
Bündnisse für null und nichtig zu erklären. Kurz darauf entband der Papst die Unterthanen
Georgs von dem Eid der Treue. Schon Stil und Form dieser Bullen verkündeten eine
unversöhnliche Feindschaft: der König heißt da immer uur „Sohn der Verdammniß,
gräßliches Ungeheuer und räudiges Schaf".
Vielleicht wäre auch jetzt noch die Gefahr nicht so drohend geworden, wenn im König-
reiche selbst nicht eine sehr bedenkliche Spaltung entstanden wäre. König Georg vertrug
sich seit längerer Zeit nicht gut mit dem höheren Adel. Die Ursachen waren politischer
Art. Die stolzen Herren trachteten nach der Vergrößerung der Machtsphäre der Stände
uud Schwächung der königlichen Autorität, und darin wollte Georg nicht nachgeben und
gab auch nicht nach. Die Herren traten wiederholt zu Berathungen zusammen und führten
Klagen über den König, im Ganzen ohne Erfolg. Daher kam ihnen Podebrads
Zerwürfniß mit dem päpstlichen Stuhl gelegen; die böhmischen Herren, der Mehrzahl nach
Katholiken, darunter auch Zdenko von Sternberg, nahmen den Glauben zum Vorwand,
schlössen am 28 November 1465 auf dem Schlosse Grünberg ein Bündniß gegen ihren
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (1), Volume 14
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Böhmen (1)
- Volume
- 14
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1894
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.78 x 21.93 cm
- Pages
- 634
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch