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widmete sein ganzes Dichten und Trachten dem Vaterland. Kollär, Jungmann, Safarik
und Palacky waren sein Muster und nach ihrem Vorgang wendete er sich gänzlich der
cechischen Sprache, Literatur und Geschichte zu. Im Jahre 1829 erschienen die ersten
Versuche Sembera's im Musejnik, und von dieser Zeit an gehörte er zu der damals noch
kleinen cechischen Schriftstellerschaar. In Prag absolvirte er Ins und ging nach Brünn,
wo er begeistert ans Werk trat, an das Studium des gemeinen Volkes, also auch seiner
Sprache. Vsimäni moravcinx (1831) im Cechoslav bildet den ersten Anlauf zu seinen
späteren dialectischen Studien. Zehn Jahre wirkte er mit Wort und Schrift in Brünn an der
Würdigung und Erhebung seiner Muttersprache, als ihm ein neues Gebiet zur Wirksamkeit
in Olmütz eröffnet wurde: er wurde nämlich am 5. December 1839 als Professor der
böhmischen Sprache und Literatur an der ständischen Akademie ernannt. Sein lange schon
gehegter Wunsch wurde erfüllt, er konnte sich von dieser Zeit an ganz und ausschließlich
seinen geliebten Studien, der Philologie und Ethnographie widmen. Auf einer Ferien-
reife (1841) in Böhmen, Mähren, Schlesien und Niederösterreich widmete er seine
Aufmerksamkeit außer der Topographie auch dem Studium der Volkssprache; neben der
ethnographischen studirte er auch die dialektische Grenze und kehrte mit reicher Ausbeute
heim. Im nächsten Jahre (1842) erschien im Musejnik der Aufsatz moravsk^ v
pruskem 3Ie?sku als erster Versuch, die cechische Volkssprache zum Gegenstand eines
ernsten Studiums zu erheben. In gleicher Richtung bewegt sich auch 0 Llovemseli v
Oolniek Hakvusieti (1844) und die gleich darauf erschienene Historie a, topoxratiekö
popsüni Vzss. U M , wo er den ostcechischen Dialeet kurz skizzirt. Im Jahre 1847 kehrte
Sembera nach Brünn zurück, im Jahre 1849 wurde er in die Commission für Über-
setzung der Gesetze in die böhmische Sprache nach Wien berufen nnd bald darauf zum
Leetor der böhmischen Sprache und Literatur an der Universität zu Wien ernannt. Hier
gab er seine DHinz? reei a liwratur^ eeskoslovensks heraus; da er iu denselben einige
Fragen ganz nach eigenen Ansichten behandelte und zuletzt auch einige Sprachdenkmäler
als Falsifikate bezeichnete, zogen manche seinen Patriotismus in Zweifel. Mit seinen
Sprachstudien ist die /eine inoravsks eng verbunden als Vorläuferiu seiner
Täklaäove ckialskwlo^ie eeskoslovensks (1864), welche mit Unterstützung der kaiser-
lichen Akademie der Wissenschaften zu Wien herausgegeben wurde. Die Kritik hat an
letztgenanntem Werke manches ausgesetzt, doch läßt sich sein großer Werth nicht in Abrede
stellen, da der Verfasser zum erstenmale alle slavischen Sprachen mit Zugrundelegung
einer Erzählung gegenüberstellte und ein neues bisher unbekanntes Bild der cechisch-
slovakischen Dialeete eonstruirte, so daß es als Substrat zur wissenschaftlichen Dialectologie
dienen konnte. In der cechischen Dialectologie wird das Werk für immer eine wichtige
Stelle behaupten nnd Sembera als der erste wirkliche Dialectolog in Böhmen gelten.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (1), Volume 14
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Böhmen (1)
- Volume
- 14
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1894
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.78 x 21.93 cm
- Pages
- 634
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch