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der Schuljahre (in seinem Geburtsort, in Zlonitz und in Böhmisch-Kamnitz) geweckten und
geförderten musikalischen Anlagen trugen schließlich den Sieg davon und die Prager
Organistenschule, welcher er dann anvertraut wurde, verließ er 1860 als ein ungewöhnlich
begabter und tüchtig geschulter, vorläufig aber noch nicht mit sich einiger, gewaltig
gährender Absolvent. Ausschließlich auf sich selbst angewiesen, wurde er Bratschist zunächst
in Komzäks Civilkapelle, seit 1862 aber im böhmischen Theaterorchester, dessen Mitglied
er dann durch elf Jahre blieb. Von allen Seiten drängten sich nun dem außerordentlich
empfänglichen Kuustjüuger die mannigfaltigsten Eindrücke auf, ohne daß er sie zu
bewältigen und in sich zu verarbeiten vermochte: ziellos ließ er sich damals noch von den
stürmischen Wogen tragen, — aber im Laufe der Jahre lernte er gar vortrefflich die
Ruder führen, indem er fleißig Quartette und Symphonien schrieb, die nicht gespielt
wurden, und sogar eine (deutsche) Oper „Alfred" eompouirte, die nie das Licht der Lampen
erblickte. Endlich trat 1873 die entscheidende Wendung ein: in einem „HIak<z1°-Concert
errang Dvorak mit dem „Hymnus", einem Chorwerke von elementarer Gewalt, einen so
stürmischen Erfolg, wie ihn das Prager Musikleben nur selten verzeichnet, und wurde
vom Publikum wie von der Kritik sogleich den Besten zur Seite gestellt. Hochgespannt
waren die Erwartungen — sie blieben nicht unerfüllt. Nach der günstigen Aufnahme, die
sein , ki'äl a ukllt" gefunden, machte er sich an die Eomposition des Einacters „1'vräe
palies" (Die Dickschädel), der aber erst nach Jahren (1881) zur Aufführung gelangte,
nachdem ihm im Frühjahr 1876 ein interessantes Werk ernster Gattung, .Vancka" und
anfangs 1878 eine (seitdem auch in Dresden und Wien gegebene) komische Oper ,3elma
seäläk« (Der Bauer ein Schelm) zuvorgekommen war, welche letztere in ihrer lebens-
frischen, temperamentsvollen Musik eine entschiedene Einwirkung der nationalen Richtung
Smetanas zeigt, so daß Dvorak in der That auf diesem speciellen Gebiete dem Schöpser
der ,?rockÄnä nevesta* und der »Hudieka- näher steht als irgend ein anderer
böhmischer Componist. Im übrigen aber hat er als Dramatiker das Werk Smetanas nicht
fortgesetzt; denn wenn auch in den früheren Partituren Dvoräks Spuren von modernen,
selbst Wagner'schen Einflüssen nicht zu verkennen sind, so stellte er sich doch mit dem
1882 zum ersten Male aufgeführten .viinitri^" (Demetrius), einem musikalisch reich
ausgestatteten, pompösen Werke, auf den Boden der „großen Oper" herkömmlichen Stils,
wie er denn überhaupt nach Überwindung jener oben gekennzeichneten Sturm- und
Drangperiode conservative Bahnen einschlug. Das letzte Bühnenwerk Dvoräks gehört
abermals der komischen Gattung an; es heißt (Der Jakobiner, 1889).
So Vortreffliches im Einzelnen auch die Opern Dvoräks enthalten, die stets mit
den größten Sympathien empfangen wurden und der Mehrzahl nach im Repertoire der
böhmischen Bühne festen Fuß gefaßt haben, so ist doch die wahre künstlerische Bedeutung
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Volume 15
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Böhmen (2)
- Volume
- 15
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1896
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.07 x 22.35 cm
- Pages
- 708
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch