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Berechtigung und der musikalischen Entwickelungsfähigkeit des Melodrama endlich aus
dem schattigen Bereich der bloßen theoretischen Discnssion in das volle Licht der praktischen
Erfahrung gestellt und die gangbaren principiellen Zweifel an der Möglichkeit dieser
Kunstgattung wohl entkräftet hat. Fibichs formell der Technik des modernen Musik-
dramas entsprechende instrumentale Begleitung der gesprochenen Rede, deren Fluß sie
weder stört noch deckt, muß an und für sich geradezu als eine geniale schöpferische That
bezeichnet werden, die ihre musikgeschichtliche Bedeutung behalten wird, mag sie nun in
der nächsten Zukunft Nachahmer finden oder nicht. Solch ein Wurf konnte allerdings nur
einem Meister gelingen, der nicht blos über den ganzen technischen Apparat seiner Kunst,
zunächst über das Orchester, unbeschränkt verfügt, sondern zugleich jene Gabe der wohl-
berechnenden Reflexion besitzt, ohne welche an die Lösung eines derartigen neuen Problems
kaum zu denken ist. Diese Gabe aber, die Frucht gründlicher theoretischer und historischer
Studien, durch die Fibich, der entschiedene Fortschrittsmann, längst in allen Formen und
Künsten des strengen Satzes heimisch geworden, macht ihn endlich auch zu einem trefflichen
Pädagogen, dessen heilsamer Einfluß sich bei so manchem Angehörigen der jüngsten Musiker-
generation Böhmens bewährt hat. Einen Theil seiner pädagogischen Erfahrungen hat er
denn auch in einer großen (mit Johann Malät herausgegebenen) Elavierschule niedergelegt.
Die vorstehende mit drei klangvollen Künstlernamen abschließende Skizze mußte
nothgedrungen sich auf das künstlerisch oder geschichtlich Wichtigste beschränken und daher
namentlich auch von der Besprechung des zu schönen Hoffnungen für die Zukunft berech-
tigenden musikalischen Nachwuchses ebenso Umgang nehmen, wie von der Darstellung der
bereits von den besten Erfolgen gekrönten Reformbestrebungen auf dem Gebiete der
Kirchenmusik. Sie war bereits niedergeschrieben, als gelegentlich des Gesammtgastspiels
des Prager Nationaltheaters auf der Bühne der Wiener internationalen Musik- und
Theaterausstellung im Juni 1892 die böhmische Oper eine über alle Erwartung glänzende
Aufnahme von Seiten des Publikums wie der Kritik fand, welche das soeben über
Smetana, Dvoräk und Fibich Gesagte in vollem Umfange bestätigte.
Vor Allem ist Smetaua endlich von der großen musikalischen Welt mit Jubel
begrüßt, sozusagen entdeckt worden. Den wiederholten Vorstellungen der ,?rockanä
nevüstg," und des ,valibor" im Ausstellungstheater folgte 1893 die mit derselben Begeiste-
rung aufgenommene deutsche Aufführung der erstgenannten Oper im Theater an der Wien
und in Berlin, und seitdem hat die Oper, wie auch der „Kuß" bereits den Weg auf andere
deutsche Bühnen gesunden. Dvoräk, der im Ausstellungstheater durch seinen »vimitri^
vertreten war, ist als Dramatiker für Wien keine völlig neue Erscheinung gewesen;
dagegen wirkte Fibichs melodramatische Musik zum ersten Theil von Vrchlickys
„Hippodamia"-Trilogie als völlige Neuheit, nicht blos des bis dahin wenig bekannten
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Volume 15
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Böhmen (2)
- Volume
- 15
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1896
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.07 x 22.35 cm
- Pages
- 708
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch