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Jahre 1817 in einer Kammer des Kirchthnrms von Wenzel Hanka gefunden wurde.
Es besteht aus 12 Pergamentblättern von kleinem Format und zwei länglichen schmalen
Streifen, die dadurch entstanden sind, daß man zwei Blätter in der Nähe der Bugstelle
durchschnitt. Die Schrift ist klein und die Orthographie complicirt. Das Ganze enthält
14 Gedichte, sechs epische, zwei lyrisch-epische und sechs lyrische; auf den Streifen finden
sich nur Bruchstücke von einzelnen Wörtern. Nach den Überschriften im Text sollen
diese Gedichte in das 2b. bis 28. Kapitel des drit ten Buches gehören und demnach
nur als ein bescheidenes Fragment eines großen Sammelwerkes, das etwa um die
Mitte des XIV. Jahrhunderts zusammengestellt wurde, erscheinen. Allein dem Inhalt
nach weisen einzelne Gedichte auf sehr verschiedene Zeiten.
Den Kern der Handschrift bilden die epischen Gedichte, welche nach der Zeitfolge
folgende Reihe bilden: 1. „Zäboj, Slavoj und Ludek"; 2. „Cestmlr und Vlaslav";
3. „Oldrich und Boleslav"; 4. „Benes Hermanöv"; 5. „LndiZe und Lnbor";
6. „Jaroslav". Die beiden ersten, nach den Hanpthelden benannt, gehören ins graue
Alterthum; „Zäboj" schildert den siegreichen Kampf der heidnischen Böhmen gegen Feinde,
die unter der Anführung des Ludek in das Land eingedrungen waren und das Christen-
thum hier gewaltsam einführten, „Cestmkr" hat dagegen einen Kriegszug unter der
Herrschaft des Fürsten Neklan gegen Vlastislav, den Herrscher von Lncko, und die voll-
ständige Besiegung dieses aufständischen Fürsten durch den Anführer des Prager Heeres —
den tapferen Cestmlr — zum Gegenstand. Beide haben einen freien Rhythmus, es
wechseln kürzere Verse mit längeren mannigfach ab, je nachdem sich die Situation eben
entwickelt. „Oldrich und Boles lav" ist uur das Bruchstück eines Gedichts über die
Vertreibung der Polen aus Prag im Jahre 1004 mit einigen besonders schönen Einzeln-
heiten in der Schilderung; die Form ist schon mehr künstlich, zehnsilbiger nicht gereimter
Vers. Das Gedicht „Benes Hermanöv" ist ein historisches Lied (in Strophen), das
in dramatischer Eile und mit freudig erregten Worten von der Niederlage der plündernden
Sachsenschaaren in der Nähe der Hrubä Skala (bei Turuau) erzählt; die Zeit der Handlung
versetzt man in den Anfang des XIII. Jahrhunderts. Eine bloße Reminiscenz an die einstigen
Gewohnheiten scheint „Lndise und Lnbor" zu sein,das Bild eines altböhmischen »seckäni-
(Turnier) oder abwechselnde» Kampfes zu Pferde zwischen je zwei Gegnern, um die
Behendigkeit und körperliche Kraft zu zeigen; der Plan ist breit angelegt, der Vers achtsilbig
mit theilweisem Refrain. Der Zeit nach das letzte ist das epische Gedicht „ Ja ros l av" oder
„Von den großen Kämpfen der Christen mit den Tataren", die unter König Wenzel I.
bis uach Mähren vordrangen und hier, im Jahre 1241, in der Nähe von Olmütz von
Jaroslav, einem Ahnherrn des Hauses Sternberg, besiegt worden sein sollen. Es sind
einzelne frei aneinander gereihte Episoden, worunter namentlich die Schilderung des
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Volume 15
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Böhmen (2)
- Volume
- 15
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1896
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.07 x 22.35 cm
- Pages
- 708
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch