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dort wieder zurück nach Venedig über die Alpenländer nach der Heimat ging, verzeichnete
einer der Theilnehmer, Ritter Sasek von Mezihon, in böhmischer, ein zweiter, der Nürn-
berger Gabriel Tetzel, in deutscher Sprache.
Die Kriegswissenschaften ließen den Ruhm des böhmischen Namens weit über
die Grenzen des Landes strahlen. Es gab beinahe keinen größeren Krieg in Mittel- und
Osteuropa, an dem nicht Böhmen als Meister und Rathgeber theilgenommen hätten. In den
Kämpfen der Polen mit den Rittern des deutschen Ordeus spielten böhmische Heerhaufen
die Hauptrolle; in noch größerem Maße war dies in den Ländern der ungarischen Krone
unter den berühmten Führern Johann Jiskra von Brandeis im Norden und Johann
Vitovec im Süden der Fall. Der Einfluß dieser Verhältnisse ist auch in der Literatur
zu erkennen; schon während der Negierung König Wenzels stellte Johann Häjek von
Hodetin die ,?rg,va vHenskä« (Kriegsregeln) zusammen (1413) und im Jahre 1423
that dasselbe Johannes Zizka von Trocnov, indem er im Verein mit seinen Haupt-
leuten und anderen Genossen eine Kriegsordnung »ktück vHensk^" herausgab. Auch
Wenzel Vlcek von Eenov, der tüchtigste Heerführer Böhmens am Ausgang des
XV. Jahrhunderts, verfaßte eine gründliche Belehrung: „Wie die Reiter, Fußgänger und
Streitwagen zu ordnen seien".
Die Rechtsprosa wurde durch das öffentliche Leben kräftig gefördert. In der
Verwaltung des Landes, bei den Landtagen, vor Gericht und in den Stadtämtern gelangte
die böhmische Sprache zur Herrschaft, wodurch der Geschäftsstil an Kernigkeit, Gewandtheit
und Glätte immer mehr gewann. Dies beweisen außer zahlreichen öffentlichen Acten
namentlich auch die Briefsammlungen verschiedener Staatsmänner und hervorragender
Edelleute, wie zum Beispiel des Ales Holicky von Sternberg, Prokop von Rabstein, Jobst
von Rosenberg, Leo von Rozmitäl und Anderer. Die Naturwissenschaften fanden nur
zufällige und systemlose Behandlung. Auf sprachwissenschaftlichem Gebiete entstand
zu dieser Zeit das erste Werk, welches eiuen Theil der böhmischen Grammatik systematisch
behandelt: die Orthographie des M. Johannes Hns.
In der zweiten Periode erscheinen die Erfolge geistiger Thätigkeit in einem viel
günstigeren Lichte als während der hnsitischen Zeit. Die literarische Production wächst
von Jahr zu Jahr und verbreitet Kenntnisse in Hütten und Palästen. Kostbare Werke
sind im Familienheim ein gewöhnlich anzutreffender Luxus. Die Sprache, auf bisher
ungewohnte Bahnen geführt, mnß sich ein nenes Gewand aneignen und gewinnt darin
verjüngte Gestalt, geschmackvolle Anmuth und Biegsamkeit. Diese Vorzüge treten klar
hervor, wenn man änßeren Umfang und stilistische Fassung allein ins Auge faßt, minder
günstig ist der Eindruck, wenn man auch den inneren Gehalt betrachtet. Man kommt gar
oft zu der Überzeugung, daß die Literaturwerke keine originellen Richtungen verfolge«,
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Volume 15
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Böhmen (2)
- Volume
- 15
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1896
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.07 x 22.35 cm
- Pages
- 708
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch