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dem Deutschen, frisch und lebhaft sowohl im Ausdruck als auch iu der Form, und des
Nikolaus Daeicky vou Heslov »proswpravla« (Reine Wahrheit, 1620).
Sehr oft birgt sich die moralisireude Teudeuz unter allegorischer Hülle. Kleinere
Versuche dieser Art rühren aus dem XV. Jahrhundert her und sind hauptsächlich durch
die witzige volkstümliche Einkleidung bemerkeuswerth. So schildert z. B. „(Unost-
(Die Tugend), ein Reimgedicht, die Erlebnisse der Tugend im Umgange mit der Weisheit,
der Freiheit, dem Glück und ähnlichen Personen; ein anderes Stück, ruckx« (Der
Herr des Rathes), erzählt wieder von einem jungen Ritter, welcher auf die Burg des
Glücks gelangt, dort die Wahrheit und die Weisheit mißachtet, sich an die Willkür und
die Hoffart hält, bis ihn endlich Herr Garaus erwürgt. Späterer Zeit entstammt das
poMume Werk des Nikolaus Konac von Hodlstkov: ,0 dorekovän i g, na r ikän l
Spravecklivosti , krülovn^ a p a n i vseeli etnost i" (1547), das heißt „Jammer
und Klage der Gerechtigkeit, der Königin und Herrin aller Tugenden", über die Laster
nnd Mißbräuche der Welt, und des Laurentius Leauder Rvacovsky „Älnsopust" (1580)
oder Nachricht vom Ursprung und der Macht des Herrn „Carneval von Krapfenheim",
von dessen 12 Söhnen, als da sind der Geizhals, der Hoffärtige, der Prnnksüchtige, der
Klatschliebende :c., von seinem Processe mit Quadragesinia und von dem endlichen Urtheils-
spruche, durch welchen der Carneval zu den Türken und Heiden verwiesen wird, damit
er dort mit seiner Familie zu Grunde gehe. Die Neigung zum Allegorisiren tritt auch
in Fabeln und fabelähnlichen Erzählungen zu Tage, so in den Übersetzungen von
Stainhöwels (circa 1480 in Kuttenberg mit rohen Holzschnitten gedruckt und
bis 1557 einigemal überarbeitet), in den ,^c>ve kabule* (Neue Fabeln) aus dem
Griechischen des Planudes und den Erzählungen des Sebastian Brandt. Eine verdienstliche
Arbeit lieferte Konac in seiner Übersetzung des indischen Pancatantra oder der Fabeln
Bidpai's, die er nach dem lateinischen Texte ,?l-avicklo lickskeko öivota" (Regel
des menschlichen Lebens, 1528) benannte, doch ist der Stil schwerfällig. Letzteres gilt auch
vou dem Werke des Bartholomäus Paprocky „Obora ned xaliracku" (1602), das
heißt „der Garten", iu welchem verschiedene Geschöpfe ihre Gespräche halten.
Die geistliche Poesie fand in der herrschenden Gesinnung allgemein Anklang
nnd kann sich demnach der weltlichen Dichtung gegenüber einer ungleich größeren Anzahl
von Producten rühmen. Leider sind sie nur ziemlich selten der ungetrübte Ausfluß
frommer Begeisterung, meist überwuchern dogmatische Grübeleien oder doch eine maßlos
moralisirende Tendenz.
Das kirchliche und überhaupt religiöse Lied bildet auch jetzt den Kern uud
Mittelpunkt der poetischen Thätigkeit. In ihm entwickeln nicht nur die Vertreter des
Priesterstandes verschiedene Dogmen und Satzungen den Gläubigen zur Belehrung,
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Volume 15
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Böhmen (2)
- Volume
- 15
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1896
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.07 x 22.35 cm
- Pages
- 708
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch