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und betont, daß Fux, obwohl der tiefsinnigste Contrapnnktist, doch die Geschicklichkeit,
leicht, lieblich und natürlich zu setzen, Caldara aber „in seinen theatralischen Stücken die
schönste Melodie und Harmonie und eine auserlesene Wahl und Ordnung des Vortrages
und der Gedanken besessen habe". Das Orchester war in zwei Chöre getheilt, die Chöre
selbst hatten als einander gegenüberstehende Doppelchöre Ruf und Antwort schwunghaft
zu bringen und den Arien eine kräftige Unterlage zu bieten. Von 8 Uhr abends bis 1 Uhr
morgens währte die Aufführung. Alle Theilnehmer waren begeistert, die Großartigkeit
der scenischen Effecte war überwältigend. „Die Geschichte hat keine glänzendere Begeben-
heit für die Musik aufzuweisen als diese Feyerlichkeit" — berichtet Quautz, der berühmte
preußische Kammermusiker, welcher sich, nur um dabei zu sein, hatte ins Orchester stecken
lassen und dort Oboe spielte — „noch kennt die Geschichte ein ähnliches Bayspiel, da
so viele große Meister irgend einer Kunst auf einmal an einem Orte versammlet gewesen.
Unter den vornehmsten Sängern war keiner, der mittelmäßig gewesen wäre. Die Compo-
sition war mehr kirchenmäßig als theatralisch, aber sehr prächtig. Die Chöre dienten nach
französischer Art zugleich zu Balleteu..."
Diese Krönungsoper und ihre glanzvolle Aufführung in Prag wirkte begeisternd
und befruchtend auf die weitere Entfaltung und Pflege der Oper in Prag. Welchen Reich-
thum an Kräften diese Stadt in sich barg, hatte man bei jener Aufführung gesehen. Viele
der Jnstrnmentalisten waren mnsikknndige Studenten und Mitglieder der zahlreichen
gräflichen und fürstlichen Kapellen, welche von dem Kunstsinu der damaligen Aristokratie
Zeugniß gaben. Den Chören der Opern gehörten Kirchensänger und Schüler der Stadt
an, und das Stimmmaterial wie die musikalische Ausbildung bewiesen, wie Großes mit
diesen heimischen Kräften zu wageu und zu leisten war.
Epochemachend griff in die Schicksale des Prager Theaters nnd speciell der Prager
Oper der edle uud unermeßlich reiche Graf Franz Anton von Spork ein, ein Mann, der
den größten Theil seines Vermögens zur Bethätigung einer flammenden und edlen Kunst-
begeisterung nützte. Graf Spork, ein Sohn des berühmten Kriegshelden Johann Spork, der
Begründer des Jagdordens vom heiligen Hubertus, der Stifter mehrerer Klöster und
Hospitale, war ein wahrer Reformator der Kunst, ein großmüthiger Protector der Musik
und Oper in Böhmen. Das von ihm am Poric 1724 errichtete Haus wurde der Schauplatz
glänzender Opernausführungen durch die besten italienischen Gesellschaften, und schon nach
einem Jahre erhob sich an Stelle des ersten Baues ein neuer, noch schönerer, in welchem der
Impresario Denzi mit einer erlesenen Künstlerschaar die besten Werke seiner Zeit, Opern
von Bioni, Vivaldi, Albinoni, Constantini u. s. w. zur Aufführimg brachte. In den
Dreißiger-Jahren des vorigen Jahrhunderts endete diese Glanzzeit der Oper; das gräflich
Spork'sche Theater ist ebenso verschollen und verschwunden wie das prunkvolle Amphitheater,
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Volume 15
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Böhmen (2)
- Volume
- 15
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1896
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.07 x 22.35 cm
- Pages
- 708
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch