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Details für den Präger Dombau nachweisbar sind und von dem Musterbau eiueu
Schluß auf den allgemeinen Brauch ermöglichen Administrative und technische Leitung
waren geschieden. Erstere fiel dem Baninspeetor uud dem ihm beigegebenen Bauschreiber
zu, die alles Erforderliche zu beschaffen und die Auszahlung vorzunehmen hatten, indeß
ein Aufseher mit einem Diener die Instandhaltung der znr Hüttenarbeit nöthigen Werk-
zeuge besorgte. Die Bauhütte selbst unterstand dem technisch-geschulten Baumeister, als
dessen Stellvertreter in der steten Beaufsichtigung der in der Hütte hergestellten Arbeiten
der Parlier eintrat. Zum Hüttenverbande zählten nur Steinmetzen, die nicht im Taglohn,
sondern im Aceord nach dem bis auf den Zoll abgemessenen Stück gezahlt wurden; für
die verschiedenen Stücke waren entsprechend der Verschiedenheit der erforderlichen Arbeit
bestimmte Lohnsätze vereinbart. Maurer, Schmiede, Zimmerleute, Handlanger und andere
Hilfskräfte wurden gesondert entlohnt. Der Steinmetz verdiente wöchentlich durchschnittlich
30 bis 40, der Maurer 12 bis 16, der Zimmergeselle 12 bis 18 Groschen. Für jeden,
auch den geringsten Handgriff wurde gezahlt und bei besonderen Anlässen ein Trinkgeld,
im Sommer außerdem das Badegeld ausgeworfen. Die Sommerbauperiode, in welche die
Hauptarbeit fiel, reichte von Petri Stuhlfeier (22. Februar) bis spätestens zum Gallitag
(16. Oetober). Welche bedeutende Summen bei großen Betrieben verausgabt wurden,
zeigen die überaus sorgfältig geführten Rechnungen des Prager Dombaues, bei welchem
von 1372 bis 1378 durchschnittlich 120.700 fl. ö. W. im Jahre gebraucht wurden.
Bei der ungemein regen Bauthätigkeit, die gerade unter Karl IV. sich im ganzen
Lande entwickelte und durch den Kaiser, den Adel, die Geistlichkeit und den Bürgerstand
die nachdrücklichste Förderung erfuhr, bleibt es von besonderer Bedeutung, die Richtung
genauer zu bestimmen, welche die Gothik in Böhmen unter so günstigen äußeren Verhält-
nissen einschlug und weiter verfolgte.
Die bedeutsame, fast episodenartige Epoche des unmittelbar französischen Einflusses
endete unerwartet rasch mit dem Tode des Matthias von Arras und wurde durch
die Anschauungen der deutschen Gothik abgelöst, welche das der gleichen Quelle ent-
sprießende System in einer dem deutschen Geiste mehr zusagenden Art weiter ausgebildet
hatte. Karl IV. hatte auf seinen mannigfachen Reisen in Deutschland ihre bedeutendsten,
damals noch im Betriebe stehenden Schöpfungen kennen gelernt und persönlich die
Berufung des P e t e r P a r i e r von G m ü n d in Schwaben, welcher in der so wichtigen
Kölner Hütte herangebildet worden war, für den Prager Dombau vermittelt. Da der
Genannte außerdem mit der Erbauung der herrlichen Moldaubrücke in Prag, des Chores
der Allerheiligenkirche anf dem Hradschin und der Bartholomänskirche in Kolin, der
Karlshofer Stifts- und der Prager Teynkirche, sowie der Kuttenberger Barbarakirche
betrant wurde, also gerade die künstlerisch bedenteudsteu und wichtigsten Bauten leitete,
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Volume 15
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Böhmen (2)
- Volume
- 15
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1896
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.07 x 22.35 cm
- Pages
- 708
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch