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Denn bis 1397 führte Peter Parier die Leitung des Dombaues, die dann unmittelbar auf
seinen Sohn Johann überging, während noch wenige Jahre früher die Prager Malerzeche
durch die auffallend zahlreiche Znwauderuug und Niederlassung deutscher Maler einen
stattlichen Zuwachs erhielt. Gleichzeitig bereitete sich aber allniälig ein Umschwung vor, der
die aus den Einheimischen hervorgegangenen Arbeiter langsam und seit dem Beginn des
XV. Jahrhunderts immer stärker in den Vordergrund treten ließ. Für den König arbeiteten
nun einheimische Architekten und Buchmaler; Prager Meister cechischer Herkunft, wie zum
Beispiel Peter und Ulrich Lutka, traten bei der Banführnng Prags und der Landstädte
mehr hervor, Christian von Prachatitz fand bei den Bauten in Budweis, Heinrich von
Neuhaus als Meister der Steinmetzkunst in Pilsen, Johann, der Nesse Meisters Stanek, bei
der Eiuwölbuug der Pfarrkirche in Krnman lohnende Beschäftigung. War auch vielleicht
einer oder der andere noch von Peter Parier oder von anderen, durch diesen herangebildeten
Meistern unterwiesen worden, so daß eine gewisse gemeinsame Grundlage immer vorhanden
war, so kehrte er doch als Meister in seinen Arbeiten gewisse selbständige Züge hervor, da
ja die Angehörigkeit zu einer Schule keineswegs schon sclavische Nachahmung einer ganz
bestimmten Richtung verlangt. Allerdings fehlte es an einer in genialer Auffassung dem
Peter Parier gleichen Persönlichkeit, welche die Regungen stilistischer Selbständigkeit in ein
abgeschlossenes System gebracht und an großartigen, allgemeine Aufmerksamkeit erregenden
Bauten so verkörpert hätte, daß davon gleiche Anregungen wie von den Werken des großen
deutschen Meisters ausgehen konnten. Übrigens hielten zweifellos bis zum Ausbruch der
Hufiteukriege die durch Peter Parler großgezogenen Anschauungen an vielen Orten vor, da
ja die damals gerade in Thätigkeit stehende oder tretende Künstlergeneration uumittelbar
oder mittelbar von denselben beeinflußt war. Denn mit dem Tode des Meisters und
dem l406 erfolgten Hinscheiden seines Sohnes Johann war nicht jede Nachwirkung
der bis dahiu tonangebenden Richtung vollkommen abgeschnitten. Aber die allgemeinen
Verhältnisse des Landes waren einer Weiterentwicklung derselben nicht günstig. Während
die aus der Parler'schen Schule hervorgegangenen, beim Straßburger Münsterbau
sagenhaft auftaucheudeu „Junker von Prag", sowie die in Wien arbeitenden Steinmetzen
Jeny von Prag und Hans von Prachatitz oder der Meister Wenzel von Böhmen beim
Regensburger Dombau den Ruhm der Prager Architektenschule an verschiedenen Orten
Deutschlands zu Ehren brachten und gerade in ihrer auf dem Boden deutscher Gothik
wurzelnden Ausbildung natürliche Anknüpfung an die Fortführung bereits begonnener
Werke saudeu, verloren in Böhmen selbst bereits die deutschen Meister, wie dies auch aus
deu Aufzeichnungen der Prager Malerzeche ersichtlich ist, gegen die aus der slavischen
Bevölkerung hervorgegangenen Arbeitskräfte immer mehr Boden. Im letzten Jahrzehnt
der Regiernng Wenzels IV. gewann die Richtung der letztgenannten Baumeister bereits
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Volume 15
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Böhmen (2)
- Volume
- 15
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1896
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.07 x 22.35 cm
- Pages
- 708
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch