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Die Rcgierungsepoche der drei ersteil Könige aus dein Hause Luxemburg füllt ein
ungemein wichtiges Blatt in Böhmens Architekturgeschichte. Verschiedeue Einflüsse lassen
sich nachweisen, bestimmte Richtungen scheiden. Ein Zug der Monumentalität trägt besonders
die unter fremden Einwirkungen entstandenen Werke, Einfachheit uud meist Beschränkung
auf das Nöthige die Leistuugeu der einheimischen, durch fremde Unterweisung in der
künstlerischen Auffassung fortschreitenden Meister. Die Typen der Anlagen blieben meist
unverändert. Neben dem auch für Stadtkirchen verwendeten Kathedralensystem behielt die
dreischiffige Basiliea oder die Hallenkirche und die einschiffige Landkirche die alte Geltung.
Von diese» Typeu abweichende Aulagen, wie Karlshof, Sadska, Wittingan, die Prager
Frohnleichnamskapelle, erwuchsen offenbar ans ganz besonderen Rücksichten der Bauherren.
Gleichmäßige Entwicklung der Grundrißdetails war überwiegend, Unregelmäßigkeit trat
hier und da in Bettelmönchsniederlassungen zu Tage. Der Aufbau wurde kühner und freier,
mit ihm strebten die Wölbung, die am Beginn des XV. Jahrhunderts schon bei kleineren
Kirchen Stern- und Netzformen liebte, und die stets fchlauker emporschießenden Strebe-
pfeiler immer energischer nach oben. Der Strebe-Apparat wurde bei den Kathedralanlagen
immer reicher, die Fülle des plastischen Beiwerkes mehrte sich in ebenso fein gearbeiteten
als künstlerisch zart empfnudeueu Decoratioueu. Fialen und Gallerten neigten mit de»
schon häufiger werdenden Fischblasen des Maßwerkes immer entschiedener znr Spätgothik,
die auch iu einer schwächlicheren Prosiliruug der Nippe» uud Pfeiler allmälig mehr zum
Worte kam. Reich ausgestattete Portale sind selten, im Allgemeinen galt noch lange der
frühere einfache Aufbau. Coufoleu und Capitäle, anfangs oft schön senlpirt und reich mit
Laubwerk verziert, wurden gleich den ursprünglich ähnlich behandelten Schlußsteinen, die
höchstens ein Wappen schmückte, bald nackt nnd schmucklos. Die Fenster nahmen an Höhe
und Breite zu und schieden durch stärkeres uud schwächeres Stabwerk Haupt- uud Nebeu-
abtheilungeu; bei größeren Kircheiibauten hielt man die Einstellung eines mehrfeldrigen
Maßwerkfensters über dem Hauptportal fest, bei kleineren wurden überhaupt nur zwei-
feldrige Fenster üblich. Der Thurmbau gewauu dadurch, daß mau die vier Ecken des
Zinnenkranzes oder der abschließenden Gallerie mit kleine« Thürmchen besetzte, ein höchst
malerisches Äußere, blieb bei gewöhulicheu Laudkircheu oft etwas gedrückt, wurde im
Prosanban der Burgen nnd Städte immer mächtiger uud auch äußerlich wohl gegliedert
entwickelt. Die Erkeranlageu verliehen dem Äußern der Profanbauten hohen Reiz; die
geräumige Anordnung mehr saalartiger Jnuenräume stellte auch der Wölbungstechnik
dankbare und interessante Ausgaben.
Mit den Fortschritten künstlerischer Anschauung in immer weiteren Kreisen giug
auch die Entwicklung der Bautechnik Hand iu Haud. Reiuer Quaderbau beschränkte sich
auf ganz besonders hervorragende Objecte, für welche reiche Mittel zur Verfügung standen,
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Volume 15
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Böhmen (2)
- Volume
- 15
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1896
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.07 x 22.35 cm
- Pages
- 708
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch