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Altstädter Nathhauses. Es wird durch cauuelirte Pilaster, wie sie der Frührenaissauce
in Böhmen eigen sind, eingefaßt, nnd während die äußeren zwei Pilaster in gothische
Fialen auslaufen, sind die Pfosten, das Gebälk, die Archivolten durch reinstes Nenaissance-
detail verziert. Die Krone oberhalb des städtischen Wappens, welche in ihrer Form dem
bei Karl V. vorkommenden Typus entspricht, scheint darauf hinzuweisen, daß jenes Fenster
erst entstanden, als der Stadtrath bei den Feierlichkeiten des Jahres 1558 den neu-
gewählten römischen Kaiser Ferdinand I. als solchen in seinen Räumen begrüßte.
Wiewohl eine reiche architektonische Gliederung und plastische Verzierung der Renais-
sancebauten Böhmens zu den Seltenheiten gehört, blieben doch die Wände nicht uuverziert;
dieselben wurden in der Regel ans slorentinische Art über und über mit Sgraffitos und
Chiarofcnro-Malereien bedeckt; iu dieser ursprünglich rein ornamentalen Verzierungsweise
gewinnt um die zweite Hälfte des XVI. Jahrhunderts das Figurale Oberhand, wie es
beispielsweise bei den im Jahre 1560 erbauten Partien des Teinhofes der Fall ist. Zur
Fortentwicklung dieser Richtung mag wohl auch die niederländisch-romanische Richtung
der zur Zeit Rudolfs II. in Böhmen thätigen Maler beigetragen haben. Aber noch bevor
diese ihre Thätigkeit entfalten, schon um das Jahr 1570, findet das der niederländische»
Renaissance eigenthümliche Cartoucheuornament in der böhmischen Malerei Eingang.
Hierdurch erfährt nicht nur der Stil der malerischen Ausstattung, sondern auch jener der
Steinmetzarbeiten, der Holzschnitzereien eine Umwandlung. Ein prächtiges Beispiel einer
den niederländischen Ornamentisten vom Schlage des Johann Vredeman de Vries stil-
verwandten Sgraffitodecoration bietet das leider arg verwahrloste Bal lhaus des könig-
lichen Schloßgartens in Prag, welches dem Charakter nach bereits der Zeit Maximilians II.
oder der anbrechenden Rndolfinischen Periode angehört.
Die königlichen Bauten Prags und seiner Umgebung: der Schloßban Wladislaws,
das Belvedere Ferdinands I., das von seinem Sohne erbaute Schloß Stern mit seinen
Stnccatureu, das später errichtete Ballhaus mit seinen Sgraffitos, bilden gewissermaßen
Marksteine des Entwicklungsganges der Renaissance in Böhmen, welche bereits mit dem
Autritt Matthias' die Neigung zeigt, in barocke Formen auszuarten. Dieselben Phasen
lassen sich auch außerhalb Prags verfolgen, nur zeigt die Entwicklung hier nicht ein so
rasches Tempo, die provinziale Kunst hält an den überkommenen Formen länger fest
und mannigfaltige Einflüsse, locale und individuelle, haben auch manche ganz originelle
Erscheinungen zur Folge.
Gleichzeitig mit dem „Garteupau" werden von den dabei mitunter beschäftigten
Italienern verschiedene Bauten auf dem Lande aufgeführt. So wird um das Jahr 1549
an den königlichen Schlössern Brandeis an der Elbe, Schwarzkostelec und Podebrad
gearbeitet, welche ihr aus dieser Zeit stammendes Äußere mehr oder weniger bis heute
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Volume 15
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Böhmen (2)
- Volume
- 15
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1896
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.07 x 22.35 cm
- Pages
- 708
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch