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selbst von dem Wenigen, was da war, wurde Vieles in neuester Zeit weggeräumt, so
das interessante Portal des alten nun als Rathhaus dienenden Schlosses zu Komotau,
welches vom Jahre 1520 herrührend neben Renaissancemotiven noch gothische Profile
auswies, und das Rathhaus in Brüx, dessen Äußeres die charakteristischen Merkmale
der böhmischen Renaissance trug. Wie jenes zu Komotau steht auch das alte Rathhaus
zu Leitmeritz noch theilweise unter Einfluß des gothischen Stils, während die innere
Ausstattung desselben, insbesondere die prachtvolle Holzdecke und Vertäseluug des
Sitzungssaals, vollends der Renaissance angehört.
Bei zahlreichen Bauten der nördlichen Gegenden kommt die Richtung der deutschen
Renaissance, wie sie sich insbesondere in Sachsen ausgebildet hat, klar zum Vorschein.
Ein größeres Bauwerk dieser Art ist das Schloß der Herren von Saalhausen in Bensen
mit seinen Giebeln und mit seinem Portal, dessen plastischer Schmuck an die deutsche»
Kleinmeister gemahnt. Die bürgerlichen Häuser, wie man sie in Leitmeritz, Kaaden,
Komotau und anderorts antrifft, zeigen in ihren Portalen denselben Charakter. Eine tiefe
Hohlkehle, in welche unten an beiden Seiten Sitzsteine eingesetzt sind, ist bezeichnend für
diese Richtung, welche man weiter nördlich bis Dresden und in den sächsischen Städten
des Erzgebirges verfolgen kann. Interessante Beispiele liefert Komotau in zahlreichen
Häusern der Herren- und Steingasse, welche, nach dem Brande im Jahre 1598 entstanden,
ihre alten Portale oder ganze Fanden bewahrt haben. Insbesondere in den Steinmetz-
arbeiten ähnlicher Art, in den zahlreichen Portalen, dann in den Grabdenkmälern, Kanzeln
und Sanctuarien äußert sich die künstlerische Thätigkeit Nordböhmens, und zwar in einer
Weise, welche der unter dem Einfluß Nosseuis stehenden Kunstrichtung der benachbarten
Gegenden Sachsens verwandt ist. Die Geschlechter Saalhausen, Schlick nud Räder»
spielen in dieser Kunstthätigkeit eine ähnliche Rolle wie jene von Pernstein, Rosenberg,
Ne»hans, Lobkowitz, Griespeck und Andere in den übrigen Gegenden Böhmens.
Um die Wende des XVI. Jahrhunderts beginnen hier in der Architektur und
Sculptur niederländische und norddeutsche Elemente Oberhand zu bekommen. In dieser
Beziehung ist besonders der im Jahre 1582 von Christoph Melchior von Rädern
begonnene Schloßbau in Reichenberg durch die von seiner Witwe Katharina in den
Jahren 1604 bis 1606 vollführte Kapelle interessant, indem dieselbe in ihrer prachtvollen
inneren Ausstattung, den Säulenstellungen, Nischen, Hermen und Giebeln den reichen
Motivenschatz der sich bereits zum Barocken neigenden deutschen Renaissance entfaltet.
Wir stehen schon am Beginn des XVII. Jahrhunderts und zugleich an« Beginn
einer neuen Phase in der Entwicklungsgeschichte der Architektur. Das barocke Wesen, jedoch
noch in Schranken gehalten, macht sich auch an den Werken der in Böhmen beschäftigten
Italiener geltend. Obenan steht Vincenzio Scamozzi, welcher auch hier mit seiner wuchtigen
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Volume 15
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Böhmen (2)
- Volume
- 15
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1896
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.07 x 22.35 cm
- Pages
- 708
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch