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In einem anderen Falle wurde ein Gartenbrunnen im Ausland bestellt. Im Jahre
1599 ließ Herr Johann Lobkowitz bei Benedikt Wurzelbauer in Nürnberg einen Brunnen
für seinen am Hradschin gelegenen Garten herstellen; der Brunnen, im Jahre 1600 auf-
gestellt, wurde im Jahre 1648 von den Schweden mit anderer Beute weggeschleppt, und
nach mannigfachen Schicksalen gelangte schließlich die von demselben herrührende Gruppe
Venus und Amor darstellend in den Besitz des kunstgewerblichen Museums in Prag als
Geschenk des Fürsten Johann von Liechtenstein.
Aber das Bedeutendste, was in dieser Art in Prag hervorgebracht wurde, waren die
Bildwerke, welche Adrian de Vries für den Wallenstein'schen Garten schuf. Angeblich seit
1590 in Prag thätig, hatte er daselbst im Jahre 1593 die gegenwärtig im Louvre zu Paris
befindliche Gruppe „Merkur mit Pandora" vollendet und bald folgten verschiedene Arbeiten,
darunter Porträtbüsten Rudolphs II. nach. Abermals finden wir de Vries in Prag in den
Jahren 1622 bis 1627, und diesmal sind es die zahlreichen Figuren, Gruppen, Vasen,
welche aus seiner Werkstätte hervorgingen, um den prunkvollen Garten des neuerbauten
Palastes des mächtigen Feldherrn Albrecht von Wallenstein zu zieren. Aber noch derselbe
Krieg, welcher zu diesen bedeutenden Schöpfungen gewissermaßen Anlaß gab, hat sie
ihrem ursprünglichen Standorte entrückt, indem sie im Jahre 1648 von den Schweden
in ihre nördliche Heimat weggeschleppt werden, wo sie bis heute eine Zierde des königlichen
Schlosses Drottningholm bilden.
Die unter der Ägide des großen Friedländers entstandenen Werke sind die letzten
bedeutenderen Leistungen, welche die erste Hälfte des XVII. Jahrhunderts hervorgebracht
hat. Die bewegten Jahre des dreißigjährigen Krieges, welche so vielen Kunstdenkmalen
ihren Untergang bereitet haben oder doch wenigstens sie dem Boden, wo sie entstanden,
entführten, haben der weiteren Entwickelung der Knnstthätigkeit ein jähes Ende gebracht.
Unter der Unzahl jener, welche dem Glauben ihrer Väter nicht entsagen wollten oder
überhaupt durch die eingetretenen Verhältnisse sich genöthigt sahen, das Land zu ver-
lassen, waren viele bedeutende Männer von Talent, darunter auch Männer der Kunst. Der
bedeutendste Kupferstecher Böhmens, Wenzel Hollar von Prachno, wirkte als Exulant in
London, und aus einer der Gemeinde der böhmisch-mährischen Brüder angehörenden
Emigranten-Familie entstammt Johann Kupecky (in der Brüder-Colonie zu Bösing in
Ungarn 1667 geboren), welcher sich nicht selten gleich Hollar als iiations Lokemus zu
bezeichnen pflegt. Einer Emigranten-Familie entstammt auch Karl Skreta Sotnovsky
von Zävoritz, welcher es vorzog zum katholischen Glauben überzutreten, und nachdem
er in Italien sich in der Malerei ausgebildet, in seine Heimat zurückzukehren, wo er bereits
im Jahre 1644 auftrat und alsdann Gelegenheit fand, eine erfolgreiche Thätigkeit zu
entwickeln.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Volume 15
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Böhmen (2)
- Volume
- 15
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1896
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.07 x 22.35 cm
- Pages
- 708
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch