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Nicht allein der Großgrundbesitz, sondern auch der kleine Landbauer betreibt seit
Jahrhunderten sein Geschäft mit hervorragendem Eifer und sucht dem Boden um so
reichlichere Pflanzenernten abzugewinnen, jemehr die Anforderungen der Neuzeit, haupt-
sächlich die Volkszunahme dazu anspornen. Dies ist insbesondere auch au dem Fleiß wahr-
nehmbar, mit dem die Landwirthe auf die Vervollkommnung ihrer Geräthe bedacht sind.
Schon zu Anfang dieses Jahrhunderts hatten zwei schlichte Landleute aus der
Gegeud von Pardubitz, Namens Veverka, jenes eigenthümliche Ackergeräthe ersonnen, das
unter dem Namen Rnchadlo heute über ganz Enropa verbreitet ist und mit dem die
empirischen Construeteure den Boden tiefer zu ackern und gründlicher zu wenden und zu
lockern mit bestem Erfolge bestrebt waren. In neuerer Zeit wurde diesen Erfindern von
ihren dankbaren Landsleuten ein schlichtes Denkmal, ein Werk Strachovskys, auf dem
Stadtplatze in Pardubitz errichtet.
An geschickten Verbesserern alter und glücklichen Erfindern neuer Geräthe und
Maschinen für den Landbau hat es in Böhmen nie gemangelt; es sind da nicht blos
Namen von Großwirthen wie Horsky, Henigstein und Andere anzuführen, sondern auch
eine Reihe einfacher Landwirthe, Dorfwagner, Schmiede und Schlosser, deren technisches
Genie sich in der geschickten Herstellung neuer zweckmäßiger Geräthe kundgab und auch
gegenwärtig noch bethätigt. Nicht wenige dieser „kleinen Gewerbsleute" habeu sich durch
Fleiß und Tüchtigkeit zu Fabrikanten emporgeschwungen nud können heute mit patriotischem
Stolz genannt werden, da sie mit ihren Erzeugnissen nicht nur deu heimischen Markt
beherrschen, sondern selbst dem Auslande die Fabrikate ihrer Werkstätten in großer
Menge zuführen.
Der Getreidebau. Der böhmische Weizen nimmt dadurch, daß sein Korn das
feinste, an Weiße und Schwere unübertreffliche Mehl liefert, den ersten Platz unter den
Halmfrüchten ein, und es ist noch immer der „gemeine" Weizen ('l'i-iUcum vulxnre), der
den guten Ruf dieses Produetes — und des aus ihm bereiteten Gebäckes — aufrecht
erhält. Daneben werden wohl auch manche Sorten ausländischen Ursprungs und selbst
Varietäten eigener einheimischer Aufzucht angebaut; sie sind aber noch lange nicht zu eiuer
solchen Bedeutung gelangt, wie der nackte und der ihm im Korn ähnliche Bartweizen, die
sowohl als Winter- und Sommerfrncht, wie auch unter der Benennung „Wechselweizen"
(presivka) gedeihen und in allen Weizengegenden Böhmens anzutreffen sind. Solche gibt
es nun nicht nur in den gesegneten Niederungen, sondern überall mit Ausnahme der rings
das Königreich Böhmen einschließenden Gebirgsgegenden, deren rauheres Klima der zarte
Weizen nicht verträgt.
Dagegen ist die zweite Halmfrucht, der Roggen (Secale eereale), das eigentliche
Hauptgetreide Böhmens, dessen Cultur bis in die kalten Gebirgsgebiete hinanreicht und
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Volume 15
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Böhmen (2)
- Volume
- 15
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1896
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.07 x 22.35 cm
- Pages
- 708
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch