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hohen Eiweißgehalt als vorzügliches Grün- und Dörrfutter längst bewährt haben. Der
Luzernklee, der in guten tiefgründigen Lagen selbst 15 bis 20 Jahre und darüber aus-
dauert, ist deshalb namentlich in den Hopfen bauenden Gegenden als Wechselfrucht
beliebt, da auch diese edle Gewürzpflanze beste Bodenmischungen fordert, von ähnlicher
Lebensdauer ist und als Nachfrucht der Luzerne sehr gut gedeiht. Eine ebenso nützliche
als durch ihren Blütenstand und ihre Farbe schöne Ackerpflanze ist der Esparsetteklee,
der in Böhmen insbesondere in kalkreichen Böden zu hohen Ernten gedeiht und dessen
Heu zu den ausgiebigsten Dörrsutterarteu gezählt wird. Neuerer Zeit werden hier und dort
auch Jucaruatklee, ferner Gemenge von Roth-, Weiß- und Esparsetteklee mit Gräsern
gebaut. Diese Futterbestände sehen künstlichem Wieswachs gleich und sind ob des aus-
gezeichneten Futterertrages sehr beliebt. Endlich gehört zu den im ganzen Lande verbreiteten
Futterkräutern auch das Mischlingsfutter, gewöhnlich Roggen oder Hafer mit Erbsen
oder Wicke, Mengsaaten, die nicht nur der Ernährung des Viehes zugute kommen, sondern
auch den allmäligen Übergang von der vormaligen Zwei- und Dreifelder- (Körner-)
Wirthschaft mit Brache zur Wechselwirthschaft ohne Brache in nützlicher Weise fördern.
Die Hackfrüchte. Zwei Gewächse, vor hundert Jahren in Böhmen kaum dem
Namen nach bekannt, liefern heute Millionen seiner Einwohner Nahrung und Genußmittel,
dem Staatsschatz aber Millionen von Steuergulden: es ist dies die Kartoffel und die
Zuckerrübe.
Für den Anbau der ersteren sind mit Ausnahme schwerer Thonböden fast alle
Bodenarten, ganz besonders aber die leichten Lehm- und Sandböden geeignet; dazu kömmt,
daß die Kartoffel auch gegen rauheres Klima nicht allzu empfindlich ist und, sobald sie die
Spätfröste glücklich überstanden, zu einer ansehnlichen Knollenfrucht von ausgezeichneten
Qualitäten gedeiht. Sie nimmt gegenwärtig an 13 Procent des Ackerlandes ein und ihre
Gefammternte erreicht an 25 Millionen Hektoliter. Wiewohl die Kartoffel dem Armen
zum täglichen unentbehrlichen, dem Wohlhabenden zum beliebten Nahrungsmittel gewor-
den ist, so dient doch nur der kleinere Theil ihrer Gefammternte zu directem Genusse des
Menschen; bei weitem der größte Theil wandert in die Spiritusbrennereien, wo das
Stärkemehl der Kartoffel zu Alkohol umgewandelt wird, während alles Übrige, Schlempe
genannt, ein ausgezeichnetes Mastfutter für das Hornvieh bietet, dessen Verwendung wir
jenes zarte, überaus wohlschmeckende und daher beliebte Rindfleisch und jene Massen Talg
verdanken, welche die 203 Kartoffeln verarbeitenden Brennereien des Landes mit einem
Steuererträgnisse von circa 7 Millionen Gulden liefern.
Die Zahl der Kartoffelvarietäten, die in Böhmen gebaut werden, beträgt mehrere
Hunderte, doch sind darunter auch viele nur Curiositäten, die von Liebhabern gebaut werden.
Graf Berchtold schätzt in seiner bekannten Monographie die bestehenden Spielarten auf
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Volume 15
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Böhmen (2)
- Volume
- 15
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1896
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.07 x 22.35 cm
- Pages
- 708
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch