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bestehenden Glashütten waren vollauf beschäftigt. Im Jahre 1701 war ihre Zahl um
die von „St. Antouiwald an der Jscr" vermehrt worden, eiuem stattlichen Unternehmen.
Zur selben Zeit war die Herrschaft Starkenbach mit Rochlitz in das Eigenthum der Grafen
Harrach gelangt, welche von Anfang an der gewerblichen Hebung ihres Besitzes
eine seltene Aufmerksamkeit zuwandten. Sie verlegten die uns bekannte Sahlenbacher
Glashütte nach Seifenbach (1701), von dort aber (1714) weiter ins Gebirge, nach dem
„Neuen Wald". Der Glasmeister daselbst war Elias Müller, nach dessen Tode Graf
Alois Harrach der Witwe und deren Kindern den Weiterbetrieb der Hütte gestattete.
Hans Josef Müller, Elias' Sohn, erbaute nächst der Hütte im Jahre 1737 ein größeres
Wohnhaus, um welches mit der Zeit eine Ortschaft entstand: das heutige Neuwelt, dessen
Glashütte zu deu hervorragendsten Erzeugungsstätten ihrer Art gerechnet werden darf.
Sie scheint von jeher besonders Hohlglas erzeugt zu haben, auch dann, als die übrigen
Hütten der näheren und weiteren Umgebung sich ausschließlich der Produetiou von
Stangen- und Prismenglas, dem Rohmaterial der Glasknrzwaaren-Manufactnr,
zuwendeten.
Damals, im dritten Jahrzehnt des XVIII. Jahrhunderts, fand das Handwerk der
Strumpfstricker in der Gegend von Bensen und Böhmisch-Kamnitz Eingang und
breitete sich von dort nach Markersdor f , Wernftadtl , Graber und Anfcha ans.
Handwerker aus Niederösterreich, aus Martinsdorf und Retz, werden als die Lehrmeister
genannt, denen diese Einführung zn danken sei.
Der Bereich der Wirksamkeit des Mercantil- und Commerz Eollegiums in Prag
dehnte sich, wie man sieht, immer beträchtlicher aus — allerdings zumeist wohl ohne dessen
uumittelbares Zuthun; nur in verhältnißmäßig seltenen Fällen wird ein Eingreifen der
Behörde» in das Wachsthum unserer Industrie bemerkbar. Daran änderte sich nur
wenig, als das Eollegium mit Hosreseript vom 30. Mai 1724 eine Neuorganisation
ersllhr, der unterm 15. December 1727 eine umständliche Jnstrnetion nachfolgte. Eine
„zur Unterstützung und Beförderung der Gewerbsamkeit" errichtete „Commercialcafsa"
war nicht von Bestand. Ungleich wichtiger wurde für das gauze Gewerbewesen das
kaiserliche „Genera l -Handwerks-Paten t für die böhmischen Provinzen" vom
16. November 1731. Es bedeutete für Böhmen, Mähren und Schlesien nichts weniger
als die Verstaatlichung der Gewerbegesetzgebung. Mit einem Schlage war das gesammte
Handwerk uach einer Richtung endlich der souveräne» Willkür der Magistrate nnd der
Patrimonialgerichte für immer entzogen und einer einzigen höchsten Instanz, der Staats-
gewalt, unterstellt. Eine Unzahl zünftiger Mißbränche wurde gründlich beseitigt — es
blieben ihrer mehr als genug noch übrig. Das ausschließliche Recht des Landesherrn
ans Ertheiluug und Bestätigung von Znnstsatzungen gelaugte erst jetzt zu wirklicher
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Volume 15
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Böhmen (2)
- Volume
- 15
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1896
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.07 x 22.35 cm
- Pages
- 708
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch