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Erholung und Genesung! Es sind dies in engen Beziehungen zu einander stehende
Zustände, da erfahrungsgemäß in einem erholungsbedürftigen Organismus Krankheiten
rascher und verderblicher fortschreiten. Landschaftliche Schönheit, günstige klimatische
Verhältnisse und zweckentsprechende kurortliche Einrichtungen sind daher keineswegs
nebensächliche Hilfsmittel bei Erreichung des Heilzweckes durch die eigentlichen kur-
ortlichen Heilmittel. Die Gunst der Natur und seit Einführung der Selbstverwaltung in
den Kurorten Böhmens auch regsame und kluge Bewirthschastung haben diese überaus
reich mit jenen Hilfsmitteln ausgestattet.
Fast alle Gesundbrunnen Böhmens entspringen in waldreichen Gebirgen oder am
Fuße solcher. Die warmen Quellen von Teplitz iu einem der gesegnetsten Thäler, in
welchem die Contrastwirknngen zwischen den malerisch geschwungenen Linien der Basalt-
kegel des Mittelgebirges und dem geraden Rücken des jäh abfallenden waldigen Erz-
gebirges, der in trotziger Einsamkeit aus dem Thnle sich erhebende Klingsteinfelsen mit
der zinnengekrönten Burg uud die blumigen, zum Erzgebirge sich hinziehenden sanften
Hänge mit ihren vielen, im Frühjahr vom Blütenschnee überdeckten Obstbäumen zu
einem herrlichen Landschaftsbilde sich vereinen. Karlsbad in der engen, reich bewaldeten
Thalschlucht der Tepl, dicht an den Felsen sich anschmiegend, bietet eine Fülle verschieden-
artiger reizender Laudschastsbilder, sei es, daß mau den Windungen der Tepl folgend
den Eindruck der einzelnen kesselartigen Thalweitungen in sich aufnimmt, in denen die
herrlichsten Bestände von gemischtem, im Frühjahr wie im Herbst die mannigfaltigsten
Farbenabstufungen zeigenden Wald sich bis knapp an die menschlichen Wohnstätten
herabsenken, sei es, daß man von einer der vielen Karlsbad umgebenden aussichtsreiche»
Höhen aus den Blick schweifen läßt von dem engen Waldthal zu Füßen hinüber nach dem
breiteren Egerthal, hinter dem sich in ernster Majestät die höchsten Erhebungen des
Erzgebirges ausbauen. Die Waldidylle Marienbad, in der alles Ruhe und Friede athmet,
wie leicht vergißt sich in ihren dunklen Wäldern, auf ihren üppigen Waldwiesen das
aufreibende Drängen uud Treiben des Großstadtlebens, wie leicht glätten sich dort die
Wogen hochgehenden Geistes- und Gemüthslebens! Hat doch auch Goethe diesen Zauber
an sich erfahren, wie ein Brief an Zelter erweist, in dem er hervorhebt, daß er die
kurzvergangene Zeit in Marienbad heiter und wie ins Leben zurückkehrend zugebracht
habe. Selbst das in landschaftlicher Beziehung so übel beleumundete Franzensbad bietet
außer dem Reiz der weiten Wiesenflächen, der ausgedehnten schattigen Parkanlage,? nnd
des nahen, tief in die Hochebene eingeschnittenen Egerthales von dem Gipfel des Kapellen-
berges aus eine der entzückendsten Fernsichten. Und so hat auch fast jeder der kleineren
Kurorte Böhmens landschaftlichen Reiz, sei es, daß dieser durch hochragende Waldberge,
wie der Schwarzenberg bei Johannisbad, durch mächtige Felsmassive, wie der Borscheu
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Volume 15
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Böhmen (2)
- Volume
- 15
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1896
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.07 x 22.35 cm
- Pages
- 708
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch