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den Generalversammlungen des Comitats über mehr als 6000 Stimmen. Wir irren wohl
nicht, wenn wir behaupten, daß nahezu ein Drittel des bewirthschafteten Grund und
Bodens sich noch immer im Besitz des alten Kleinadels befindet. Der größte Theil des-
selben sind allerdings Kleiugruudbesitzer mit 20, 50 bis 100 Joch, Haus und Hof, Acker
und Wiese, Weide und Wald mit inbegriffeu; diese wurden zur Zeit, als das „Kortes-
kediren" noch eine Bestechungswirthschaft war, auch Bundschuhadel (boeskoros) genannt.
Doch war dies nur ein Schimpfname, denn der Kleinadel jenseits der Donau, also auch
der des Zalaer Comitats, trägt schon seit Jahrhunderten keine Bundschuhe (docslcor)
mehr, wenn er sie überhaupt jemals getragen. Er trug Sandalen, hie und da noch in den
Dreißiger-Jahren, aber keine Bundschuhe. Die spöttische Bezeichnung „Bundschuhadel"
gehört dem walachischeu Kleinadel der an Siebenbürgen grenzenden und dem ärmeren,
insbesondere slovakischen der oberen Comitate zu; von diesen ist sie auf die Kleinadeligen
anderer Comitate übergegangen.
Die Landwirthschaft bewegt sich, mit Ausnahme der herrschaftlichen Güter, über-
wiegend in den engen Grenzen der einfachen, sogenannten Bauernwirthschaft und besteht
aus Landbau in dreifachem Wechsel, sowie aus Rinder-, Schaf- und Schweinezucht.
Die üppigen Mähwiesen und meist vorzüglichen Berg- und Waldweiden leiten das Zalaer
Volk von selbst zur Viehzucht an. Die Zahl der Pferde und Rinder beträgt etwa 180.000;
— ein überaus günstiges Verhältniß. Schafe und Schweine gibt es etwa 380.000, also
etwa vier Stück auf jede Familie; auch dieses Verhältniß ist gut. Die unbedingt noth-
wendigen Grundlagen des materiellen Wohlstandes sind also reichlich vorhanden. An
Fleisch, Milch, Getreide und dem thierischen, sowie pflanzlichen Rohstoff für einfache
Kleidung ist Überfluß. Dagegen ist die Industrie im ganzen Comitat gering; sie geht
kaum über das Maß der dörflichen Hausindustrie hinaus.
Einen großen Factor des Wohlstandes besaß das Volk der mittleren und östlichen
Striche von Zala im Weinbau. Die Berge des Plattensee-Ufers, sowie die südlichen und
südwestlichen Abhänge der hinter diesen folgenden Berge, dann die südwärts geneigten
Hänge längs der Flüsse Zala, Kanizsa nnd Mnr waren mit ausgedehnten Weingärten
bedeckt, die einen feurigen und aromatischen Wein von hohem Werthe lieferten. Noch jetzt
wird die Weinregion mit 30.000 Joch angegeben, allein sie betrug vor den Verheerungen
der Phylloxera über 50.000 Katastraljoch. Vom Ostrande des Comitats bis Badacsouy
sind die Reben gänzlich ausgerottet und auch Badacsony, ja das gesammte Weingebiet
des Comitats ist schon angegriffen und in wenigen Jahren werden die alten heimatlichen
Reben und Traubensorten auch in Zala völlig verschwunden sein. Ein Katastraljoch
Rebengelände pflegt hier im Durchschnitt etwa 100 Gulden jährlich rein abzuwerfen. Bei
solcher Berechnung hat sich also die Jahreseinnahme der Zalaer Bevölkerung um etwa
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (4), Volume 16
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (4)
- Volume
- 16
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1896
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.18 x 21.71 cm
- Pages
- 616
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch